Kreis und quer:Der Ball rollt weiter und immer weiter

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Fußball ist mittlerweile ein Ganzjahresgeschäft. Und fast überall geht es um Geld. Nur beim Legendenspiel in Ottobrunn nicht: Da schaut Diego Maradona vorbei

Von Stefan Galler

Gerade erst endete sie, die Fußballsaison 2015/16. Mit dem denkwürdigen EM-Finale von Paris, an dem sich Unterwäsche-Model und Weltfußballer Cristiano Ronaldo verletzungsbedingt über weite Strecken nur als Co-Trainer betätigen durfte und damit Portugal-Chefcoach Fernando Santos gehörig auf die Nerven gegangen sein dürfte. Lang war sie vor allem, diese Europameisterschaft. Und enttäuschend für Deutschland, das von den meisten als bestes Team gesehen wurde, aber trotzdem im Halbfinale rausgeflogen ist. Gut, dass wenigstens das Turnier-Trauma gegen Italien beendet wurde. Nicht zuletzt dank "Trippel-Trottel Zaza" (Bild-Zeitung), das war jener Elfmeterschütze der Squadra, der extra für das Penaltyschießen eingewechselt wurde und die Kugel dann nach einem skurril anmutenden Anlauf über den Balken zimmerte.

Nicht das einzige Bild, das von dieser spielerisch arg mauen EM hängen bleibt. Und doch ist wenig Zeit, um Abstand zu gewinnen von der schönsten Nebensache der Welt. Fußball ist längst zum ganzjährigen Event hochgejazzt. Wenn die Profis kurz Pause machen (natürlich nur, um sich auf die neue Saison vorzubereiten), sind die Amateure bereits wieder am Start: Am Wochenende geht es los in Regional-, Bayern- und Landesliga.

Amateurfußball auf den Dörfern - das war früher ein Ritual: Sonntagvormittag in die Kirche, anschließend auf den Sportplatz, um der "Ersten" zuzuschauen, und dann ab in die Wirtschaft. Auch heute spielt die Wirtschaft im nur noch nominell "nicht-bezahlten" Fußball eine Rolle. Das hat jedoch nichts mit Bier und Schweinsbraten zu tun: Die Balltreterei ist mittlerweile so groß geworden, dass auch in den Ligen vier bis sechs ohne Moos nix los ist. Jeder Freizeitkicker, der geradeaus laufen kann, hält die Hand auf, wenn er sich um ein Engagement in Unterföhring, Pullach, Heimstetten oder Garching bewirbt. Und selbst wenn alle Klubs von sich behaupten, "bei uns gibt es nichts zu verdienen", hat doch nur derjenige Erfolg, der seine Kasse öffnet.

Beim früheren Erstligisten SpVgg Unterhaching führte schlechtes Management fast zur Insolvenz, doch unter Präsident Manfred Schwabl scheint die Trendwende geschafft: Man setzt auf die Ausbildung von Talenten, dazu kommen ein paar Arrivierte. Und das Konzept könnte greifen, die Suche nach einem potenten Investor, der Haching womöglich zurück von der vierten in die zweite Liga hievt, lässt sich offenbar gut an.

Von derlei Ambitionen kann man in Ottobrunn nur träumen. Und doch haben es viele jener Stars, die am Samstag dort beim Legendenspiel auflaufen, bis in die Bundesliga geschafft. Sogar Diego Maradona schaut vorbei. Allerdings nicht der echte, sondern sein Double, immerhin das einzig lizenzierte. Ein lizenziertes Double - irgendwie passt auch das zum Fußballgeschäft der heutigen Zeit.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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