Kreis und quer:Das Pfingstwunder und die Katz'

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Die Vorstellung vom Heiligen Geist kann beflügeln. Künstler schätzen das. Pfarrer haben bei dessen Anrufung schon Erstaunliches erlebt

Kolumne von Udo Watter

Zu den großen Mysterien des christlichen Glaubens gehört neben der Frage, ob es der oder das Zölibat heißt, die Dreieinigkeit. Der Kirchenlehrer Basilius von Caesarea hat das Konzept der Trinität - ein Gott, drei Seinsweisen - mit einem Regenbogen verglichen, der aus Sonne, Sonnenlicht und Farben gebildet wird. Vater, Sohn und Heiliger Geist. Irlands Nationalheiliger St. Patrick soll die Christianisierung der Insel mit dem dreiblättrigen Kleeblatt in die Wege geleitet haben: als Symbol für die Dreieinigkeit. Warum aber überhaupt dieses merkwürdige Konstrukt? Manche Muslime bezweifeln wegen der Idee der Dreifaltigkeit, ob das Christentum überhaupt eine monotheistische Religion sei, im Gegensatz dazu ist Allah ja einfaltig. Nun, die Antworten sind wohl in den entferntesten Winkeln der Transzendenz versteckt.

Was man indes behaupten darf: Der Heilige Geist ist der Underdog der Trinität. Und schon qua seiner mangelnden Körperlichkeit am schwersten fassbar (trotz Taubensymbolik). An Pfingsten freilich steht er im Fokus. Damals kam er auf die Jünger Jesu (und die Menschheit) herab. In der Heilig-Geist-Kirche in Pullach hängt seit einigen Tagen dazu eine verrätselte Papier-Installation des Künstlerpaares Hedwig Rost und Jörg Baesecke, deren Sinn sich an diesem Sonntag enthüllen wird. Das Projekt wird von der Erzdiözese München und Freising unterstützt, die Künstler bei der Gestaltung von Gottesdiensten mit einbeziehen will. Eine schöne Idee, auch das Thema beflügelt. "Uns als Künstler ist Pfingsten näher als Ostern", sagt Jörg Baesecke. Warum? Die Verbindung von Heiliger Geist (Spiritus Sanctus) zur Inspiration ist offensichtlich. Der Geist fährt in einen und befeuert die Kreativität. Auch der Ausdruck "Feuer und Flamme sein" geht auf den Pfingstauftritt des Geistes zurück.

Ihm werden im Übrigen zudem sieben Gaben zugeschrieben, man kann diese, kunstvoll gestaltet, in der Heilig-Geist-Kirche am Viktualienmarkt bewundern. Dazu gehören Weisheit, Heilung oder Zungenrede. Diese Charismen gelten als von Gott gegebene und vom Geist eingehauchte Gaben - und sind ein schöner Gegenpol zu den sieben Todsünden (eine in der Version "Impfneid" durfte diese Woche der Direktor eines Planegger Gymnasiums beklagen). Kein Wunder, dass sich Künstler, die des Charismas bedürfen, ihm nahe fühlen. "Sogar der Humor ist eine Ausformung des Heiligen Geistes", meint Baesecke.

Das unterstreicht eine Geschichte von Oskar Maria Graf: In einer bayerischen Kirche beschwört der Pfarrer das Pfingstwunder herauf: "Heiliger Geist, komm' hernieder", sagt er und prompt fliegt aus der Kuppel eine Taube hernieder. Das lässt sich indes nicht alljährlich wiederholen: Das nächste Mal wartet der Pfarrer vergeblich auf die Taube. Als er den Heiligen Geist erneut anruft, verkündet aus der Kuppel die Stimme des Mesners: "Den hat d' Katz' g'fress'n."

© SZ vom 22.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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