Kreis und quer:Bitte mal schnell 10¹⁷ Sekunden

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Zwischen Pfingst- und Sommerferien ist mehr los als vor Weihnachten

Von Iris Hilberth

Dass die Pfingstferien heuer besonders spät waren, sieht man allein an den vielen gut gebräunten Kollegen im Büro. Urlaub im Juni ist etwas Wunderbares, und die Welt in Bayern steht selten so still wie in diesen zwei Wochen. Doch schnell erblassen die Leute wieder nach ihrer Rückkehr, wenn sie einen Blick in den Terminkalender in diesem Sommer werfen. Nach den Ferien ist vor den Ferien, und dazwischen liegen im Jahr 2017 lediglich sechs Wochen. Die To-do-Liste in diesem Zeitfenster ist länger als kurz vor Weihnachten. Wenn die Anzahl der Feste nicht mehr überschaubar ist, geraten selbst Feiern schnell zu einem lästigen Muss. Dabei sollen sie doch Spaß machen.

Sechs Wochen also. Was ist das überhaupt für ein seltsamer Zeitraum? Es gibt Minuten, Stunden, Wochen, Monate, vielleicht noch ein Quartal. Am wichtigsten wird neurophysiologisch die Dauer eines Augenblicks gesehen, den wir als Gegenwart wahrnehmen. Untersuchungen sollen ergeben haben, dass es sich dabei um eine Zeitspanne von etwa drei Sekunden handelt. Der Abstand zwischen den Pfingstferien und den Sommerferien macht demnach in diesem Jahr 1 209 600 Augenblicke. Das ist viel zu kurz.

Betrachtet man allein die Fülle an Veranstaltungen, Sitzungen, Jubiläen und Sommerfesten im Landkreis München, ist nicht nur ein gutes Zeitmanagement angesagt, sondern mitunter auch Mut zur Lücke. Den Sonnwendfeiern und Johannifeuern allerorts folgte der Tag der offenen Gartentür und der Tag der Architektur. Auch Musikschule, Ballettschule, Kindergarten und Bienenheim öffnen ihre Türen. Vergnügen versprechen noch die Ismaninger Festwoche, die Garchinger Bürgerwoche, der Tag der Blasmusik, das Dorffest in Putzbrunn, das Zamma-Festival in Haar, das Fest der Vereine in Taufkirchen, die Bürgerfeste in Unterföhring und Unterhaching und natürlich auch die SZ selbst mit ihrem Leserfest (siehe unten). Ach ja, der Sportverein lädt auch noch zum Grillen ein, die Schulen veranstalten Theateraufführungen, der Kindergarten ein Sommerfest und überall soll man Kuchen backen. Es ist nicht nur die Zeit von Tuba und Bierausschank, sondern auch des Übermaßes an Kinderschminken und Hüpfburgen.

Alle hecheln durch diese Zeit. Die Bürgermeister, weil sie noch viele Themen vor der Sommerpause erledigt wollen und bei allen Veranstaltungen in ihrer Gemeinde erwartet werden. Die Lehrer, die vor Notenschluss noch jede Menge Schulaufgaben und Jahrgangsstufentests durchbringen müsse. Und natürlich die Schüler und Eltern, die ob der Stoff- und Prüfungsfülle den Freibadtag streichen müssen. Leute, die nicht nein sagen können, bräuchten also ein ganz anderes Zeitkontingent, am besten den längsten Zeitraum, den es so gibt. Das ist die seit dem Urknall vergangene Zeit: 13,8 Milliarden Jahre oder 4,35 mal 10¹⁷ Sekunden.

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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