Kreis und quer:Auf dem Radweg ist die Hölle los

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Die Züge stehen still und der Workflow kommt ins Stocken. Jetzt ist Geduld gefragt, und ein pfiffiger Kopf; einer wie Karl Valentin. Der hat eine Lösung parat

Von Iris Hilberth

In anstrengenden Wochen, in denen streikende Lokführer den Workflow arg ausbremsen, wünschen sich manche im Regen oder im Stau stehende Pendler fluchend eine Soforthilfe. Etwa vom Mobilitätsausschuss - jenem Kreistagsgremium mit vielversprechendem Namen. Oder vom "Ministry of Silly Walks". Ein Vorstoß aus dem von den britischen Kultkomikern von Monty Python erfundenen Ministerium hätte zumindest das Potenzial, bei längeren Fußmärschen die schlechte Laune zu vertreiben. Der Mobilitätsausschuss hat diese Woche schon mal eine flotte Steilvorlage vom Kreisbauausschuss bekommen: Bauen wir doch ein paar Radschnellwege, haben die Kollegen vorgeschlagen.

Keine schlechte Idee, werden Pendler sagen, die durchaus gewillt sind, sich in die Radsättel zu schwingen, wenn sie so dem ständigen Stop-and-go entkommen. Vor allem mit dem E-Bike ist das eine feine Sache. Aber gemach: Was Beschleunigung für die Eiligen verspricht, geht erfahrungsgemäß doch langsam voran. Bis nach Potenzialanalyse, Machbarkeitsstudie und Grundstücksverhandlungen die ersten Trassen für schnellradelnde Berufstätige eröffnet werden, dürften streikende Lokführer noch ein paar Mal die Bahnen im Depot lassen.

Vielleicht hätten die Verkehrsplaner einfach mal über den ungewöhnlichen, gleichwohl sehr strukturierten Vorschlag von Karl Valentin nachdenken sollen. Dessen Verkehrskonzept ging so: "Am Montag dürfen in ganz München nur Radfahrer fahren, am Dienstag nur Automobile, am Mittwoch nur Droschken, am Donnerstag nur Lastautos, am Freitag nur Straßenbahnen, am Samstag nur Bierfuhrwerke. Die Sonn- und Feiertage sind für Fußgänger." Klingt interessant. Und keiner müsste sich mehr das Hirn verrenken, um eine Entscheidung über die Aufteilung des Straßenraums zu treffen.

Wie etwa in Oberhaching, wo es im Gemeinderat darum geht, ob Radfahrer auf dem Gehweg oder auf der Münchner Straße fahren sollen - was unweigerlich mit der Entscheidung über parkende Autos verknüpft ist. Oder in Taufkirchen, wo die Grünen fasziniert sind vom "Shared Space" und vorschlagen, dass auf Plätzen jeder fahren darf wie, wo und wann er will. Zu Fahrrädern haben die Taufkirchner bekanntlich ein ganz spezielles Verhältnis. Und nachdem sie nun auch wieder ein Bürgermeisterrad im Keller des Rathauses stehen haben, beteiligt sich die Gemeinde wie andere Kommunen sogar wieder an der Aktion "Stadtradeln".

Dabei geht es darum, innerhalb von drei Wochen möglichst viele Kilometer mit dem Rad zurückzulegen. Daher wäre die Idee von Karl Valentin, nur montags zu radeln, weil samstags das Bier transportiert wird, doch noch mal zu überdenken. Auch stellt sich natürlich die Frage, was passiert, wenn plötzlich alle mit dem Rad fahren. Dann wird auf den neu eingerichteten Highways für Velos mit all den E-Bikes, Pedelecs und Rennrädern auch wieder die Hölle los sein. Spätestens dann wird es Zeit für Gehschnellwege.

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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