Kreis-FDP:Trotz und Vorurteil

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Der Haarer Ralph Peter Rauchfuss hat sich durchgesetzt und wird die FDP im Landkreis auch in den kommenden beiden Jahren führen. (Foto: Claus Schunk)

Eine Gruppe erfahrener Liberaler um Kreisrat Jörg Scholler will den Kreisvorsitzenden Ralph Peter Rauchfuss aus dem Amt drängen und scheitert. Die Basis der FDP würde lieber über Inhalte reden - und kann sich mit diesem Ansinnen ebenfalls nicht durchsetzen

Von Martin Mühlfenzl, Grasbrunn

Der Abend, der einen Aufbruch darstellen soll, beginnt mit einer Anklage gegen unbekannt. Ein Mitglied seiner eigenen Partei, sagt Ralph Peter Rauchfuss, habe ihn im Vorfeld der Mitgliederversammlung der FDP am Freitagabend derart beleidigt, dass er eigentlich schon hinschmeißen wollte. Ob der verbale Angreifer im Festsaal des Grasbrunner Hofs ist, verrät der Kreisvorsitzende der Liberalen nicht. Wohl aber, dass er sich dann doch noch einmal anders überlegt habe: "Weil ich so etwas nicht hinnehmen werde. Weil gegeneinander arbeiten ein Unding ist und ich auch so viele tolle Parteifreunde habe, für die ich diesen Job sehr gern mache."

Dass an diesem Abend aber sehr wohl gegeneinander gearbeitet werden würde, stand bereits Tage vorher fest. Denn Rochus Kammer, Rauchfuss' Vorgänger als Kreisvorsitzender, hatte selbstbewusst angekündigt, er wolle zurück ins Amt und dementsprechend den amtierenden Kreis-Chef herausfordern.

Was dann folgte, war ein denkwürdiges politisches Schauspiel, das einige Mitglieder ratlos zurückließ und sicher noch länger beschäftigen wird. Das lag nicht so sehr an den beiden Kontrahenten, die persönliche Animositäten außen vor ließen und ohne direkte Angriffe auskamen. Vielmehr kristallisierte sich spätestens in der Aussprache, die zu einer Mitgliederversammlung gehört wie das Neubiberger Entenrennen zum politischen Programm der Kreis-FDP, heraus, dass sich hinter Rochus Kammer eine Riege erfahrener Mandatsträger versammelt hatte. Angeführt von Kreisrat Jörg Scholler aus Gräfelfing und sekundiert vom Ottobrunner Gemeinderat Axel Keller. Die versuchten Rauchfuss mit Anschuldigungen wie schlecht besuchter und nicht beschlussfähiger Vorstandssitzungen in die Ende zu treiben, einer ihrer Unterstützer zerpflückte den neuen Webauftritt der FDP, Scholler kritisierte, der Vorstand - also der Vorsitzende - sei zu inaktiv und in der Öffentlichkeit kaum präsent. Dass die Debatte nicht kippte, lag an Rauchfuss und Kammer, die trotz aller erkennbaren Unterschiede in Stil, Lautstärke und Intonation sachlich blieben.

Freilich wiederholte auch Kammer seine Vorwürfe, der Kreisverband sei kaum präsent. Ehrlich abzunehmen ist ihm die Sorge, seine Partei könne bei der Bundestagswahl im kommenden Herbst erneut ein Debakel erleiden. Selbstverständlich hielt Rauchfuss dagegen und betonte, die Partei im Landkreis sei gut aufgestellt - und er als gelernter Journalist sei der Richtige, um medienwirksame Öffentlichkeitsarbeit in zehrenden Wahlkämpfen betreiben zu können.

Dass der Wechsel an der Spitze letztlich ausblieb und sich Rauchfuss deutlich mit 34:16 Stimmen durchsetzte, lag auch daran, dass die Mitglieder in Kammer keine inhaltliche Alternative erkennen wollten - und dies auch kundtaten. Denn im Mittelpunkt der programmatischen Auseinandersetzung beider Kandidaten stand das einvernehmliche Vorhaben, Kreisrat Jimmy Schulz bei der Bundestagswahl endlich wieder als Abgeordneten nach Berlin entsenden zu können. Rauchfuss schaffte es noch, Wohnungsbau, den Bereich Gesundheit sowie Bildung und Inklusion als wichtige Themenbereiche eines Kreisvorsitzenden zu benennen. Kammer hob indes "Europa" als wichtigen Baustein seiner programmatischen Ausrichtung hervor.

Was die FDP an diesem Abend nicht geschafft hat? Sich als politische Einheit zu präsentieren. Das wurde auch deutlich, als die Mitglieder ihrem wiedergewählten Vorsitzenden Rauchfuss die Gefolgschaft verweigerten und seine angedachte Reduzierung des Vorstands abschmetterten. Wer geglaubt hat, die FDP hätte die dunkelsten Tage heftiger Grabenkämpfe hinter sich gelassen, sah sich an diesem Abend getäuscht. Vorurteile und Abneigungen sind hier noch immer Teil des Diskurses.

© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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