Kooperation von Stadt und Umland:Der MVV setzt auf die Radfahrer

Lesezeit: 3 min

Verkehrsverbund möchte Angebote ausbauen und seinen digitalen Routenplaner deutlich erweitern

Der Münchner Verkehrsverbund (MVV) plant einen Ausbau seiner Angebote für Radfahrer in der Region. Geschäftsführer Alexander Freitag kündigte an, den Radroutenplaner, den der MVV seit vergangenem Jahr digital anbietet, verbessern und erweitern zu wollen. Gemeinsam mit dem Münchner Gesundheits- und Umweltreferat (RGU) und dem Regionalen Planungsverband soll zudem an einer besseren Vernetzung von öffentlichem Personennahverkehr und Radwegenetz gearbeitet werden.

"Es gibt bei den Pendlern einen ganz klaren Trend zum Fahrrad", sagt Freitag und liest das unter anderem an den Zahlen des MVV-Routenplaners ab. Im Startjahr 2015 wurden im Tagesschnitt 1046 Routen bei dem Online-Tool abgerufen, das MVV und RGU in Kooperation mit dem ADFC entwickelten. In diesem Jahr hat sich die Zahl mehr als verdoppelt: 2768 Touren-Anfragen verzeichnete der Verkehrsverbund seit März im Tagesschnitt. Besonders begeisterte Radler sind dabei offenbar SZ-Leser. Denn mit Start des ersten Teils der Radl-Serie in der Süddeutschen Zeitung sei seit März die Zahl der Zugriffe drastisch gestiegen. Die Downloads der entsprechenden App für Smartphone und Handy haben sich seitdem verdreifacht, auf mehr als 1700 allein im Juli. Für Alexander Freitag ist das ein Beweis, wie flexibel viele Pendler mittlerweile ihren Weg zur Arbeit und ihre Freizeittouren planen. Viele entschieden offenbar täglich neu, welches Verkehrsmittel sie nutzten. Und immer mehr bevorzugten offenbar eine Kombination aus Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln. Dies sei auch eine Erklärung dafür, dass in den ersten Monaten dieses Jahres die MVV-Fahrgastzahlen grob geschätzt wieder um vier Prozent gestiegen seien.

Diesen Trend möchte der MVV unterstützen - zum Beispiel mit noch mehr Service im Radroutenplaner, den Alexander Freitag "zu dem Navigationsgerät für alle Münchner Radler" machen möchte. Vom kommenden Jahr an sollen dort auch alle Stationen für Leihfahrräder der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) angezeigt werden, es soll eine Tacho- und eine individuelle Aufzeichnungsfunktion geben. Wünschenswert sei zudem, dass man bald auch direkt aus dem Routenprogramm Tickets kaufen kann. Verbessert werden müsse aber auch die Infrastruktur zwischen Stadt und Umland, wenn dauerhaft mehr Berufspendler aufs Fahrrad umsteigen sollen. Auch hier zeigten Zahlen aus dem Routenplaner, wie groß die Chancen sein könnten: Während 2015 vor allem Münchner das Programm nutzten, gebrauchen es jetzt auch viele aus den eher städtisch geprägten Umland-Kreisen, etwa aus Fürstenfeldbruck, Starnberg und Ebersberg.

Umso dringlicher sei es, Radschnellwege in die Stadt zu schaffen, das wissen auch die Politiker im Landkreis München. Der Kreistag hat dementsprechend eine Machbarkeitsstudie für die Trasse von München-Neuherberg in die Universitätsstadt Garching in Auftrag gegeben. Auf diesem Abschnitt erkennt auch der Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum derzeit das größte Potenzial. Auch eine Weiterführung der Strecke nach Unterschleißheim soll untersucht werden. Der zuständige Ausschuss im Kreistag hat für die Ausarbeitung der Studie etwa zwölf Monate angesetzt.

Den Grünen freilich geht das viel zu langsam. Mit einem Antrag wollen sie die Angelegenheit nun beschleunigen. Sie fordern von Landrat Christoph Göbel (CSU) und seiner Verwaltung, beim Bundesverkehrsministerium "die angedachten Radschnellwegprojekte auf dem Gebiet des Landkreises München für den in Aufbau befindlichen Förderrahmen im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans anzumelden". Einfach ausgedrückt: Der Bund soll sich wie bei Autobahnen und Bundesstraßen sowohl an den Planungs- als auch an den tatsächlichen Baukosten beteiligen.

Die Trasse in den Norden ist aber nicht die einzige Strecke, die der Kreistag weiter verfolgen will. Allerdings, da sind sich die Parteien einig, müsse zunächst ein Pilotprojekt auf den Weg gebracht werden, um auch andere Korridore wie in den Süden nach Unterhaching, Taufkirchen oder gar Aying vorantreiben zu können. Zudem, sagt Kreisrat Markus Büchler von den Grünen, dürften auch die sogenannten Tangentialverbindungen nicht vergessen werden. Der Aufbau eines rein sternförmigen Netzes wie bei der S-Bahn dürfe sich nicht wiederholen, die Orte müssten auch untereinander mit Fahrradwegen verbunden werden: "Nur dann funktionieren auch die Radschnellwege." Eng verbunden mit dem Aufbau eines solchen Netzes ist auch der Einstieg des Landkreises in ein einheitliches Mietradsystems. Klarer Favorit für eine Kooperation ist hier die Münchner Verkehrsgesellschaft, deren markante blauen Fahrräder längst in der Stadt sichtbar unterwegs sind.

© SZ vom 10.08.2016 / kc, müh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: