Kontra: MVV-Tickets für Senioren:Diskriminierung per Freifahrtschein

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(Foto: N/A)

Viele Rentner brauchen glücklicherweise keine Geschenke auf Kosten der Allgemeinheit

Von Lars Brunckhorst

Keine Frage: Von einem gewissen Alter und Gesundheitszustand an sollten Autofahrer ihren Führerschein abgeben. Und zwar verpflichtend. Sie tragen damit zu ihrer eigenen Sicherheit und der anderer Verkehrsteilnehmer bei. Denn alte Menschen sind ebenso wie junge überdurchschnittlich oft verantwortlich für Unfälle. Insofern geht der Antrag der SPD in die richtige Richtung, auch wenn die Partei sich nicht traut, diesen Grund laut auszusprechen. Verschämt heißt es in dem Antrag lediglich: Die freiwillige Rückgabe des Führerscheins "entlastet zum einen den Straßenverkehr und führt allein dadurch zu einer Erhöhung der Verkehrssicherheit aller".

Dennoch ist der Antrag falsch. Solange sie noch fahrtauglich sind, ermöglicht das Auto insbesondere auf dem Land Senioren eine Mobilität, die ihnen kein öffentlicher Nahverkehr bieten kann. Selbst wo das Busnetz eng und dicht getaktet ist, lassen sich Einkäufe nicht bequem vor die Haustür bringen, und die S-Bahn in die Stadt brauchen Rentner auch nicht mehr täglich. Deshalb ist das kostenlose Seniorenticket der SPD ähnlich diskriminierend wie der Seniorenteller: Ab 60 will man sich nicht dafür rechtfertigen müssen, dass man immer noch Appetit hat.

Das kostenlose Seniorenticket ist aber noch aus einem anderen Grund Unfug, genauso wie andere Ermäßigungen: Viele Rentner brauchen glücklicherweise keine Geschenke auf Kosten der Allgemeinheit, weil es ihnen finanziell gut geht und sie sich die Fahrkarte ebenso leisten können wie die Eintrittskarte für Kino, Tierpark oder Theater. Statt pauschal Freifahrtscheine an Senioren zu verteilen, sollte die Politik jene bedenken, die es nötig haben: Geringverdiener, Alleinerziehende, große Familien. So wäre ein kostenloses Ticket für Schüler und Studenten allemal sinnvoller. Diese haben allerdings in der Regel nicht einmal einen Führerschein, um ihn abgeben zu können.

© SZ vom 09.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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