Kommunale Finanzen:Die Corona-Pandemie wird durchschlagen

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Landrat und Kreistag ringen um Einsparungen. Sicher ist bisher wenig. Doch bei der Bildung soll nicht gekürzt werden

Von Martin Mühlfenzl, Landkreis

Der Auftrag ist klar: Der Landkreis wird von 2022 an sparen müssen, denn ein Jahr später werden die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie auch auf den Kreis-Etat voll durchschlagen. Daher hat Landrat Christoph Göbel (CSU) drei Sondersitzungen des mächtigen Finanzausschusses des Kreistags angesetzt, um Einsparpotenziale auszuloten. Doch spätestens nach der zweiten Zusammenkunft des Ausschusses ist klar: Es herrscht nicht unbedingt grenzenlose Einigkeit darüber, von welcher Seite Vorschläge für mögliche Kürzungen kommen sollen. Sowohl die Kreisräte als auch der Landrat haben Schwierigkeiten, eben solche überhaupt zu identifizieren.

Schon bei der ersten Sitzung des Finanzausschusses Mitte Mai, als es vor allem um den Bereich Soziales ging, war deutlich geworden, dass der Landkreis als Aufgabenträger kaum Spielraum für Kürzungen hat - und der Kreistag wie der Landrat kaum gewillt sind, freiwillige Leistungen wie Aufstockungen bei den Regelsätzen für Sozialhilfeempfänger anzupacken. Und auch bei der zweiten Debatte sagte Göbel gleich zu Beginn, es werde "wenig Einsparpotenziale" geben. Die Kreispolitiker stehen dabei auch vor einem kleinen Dilemma, denn nach wie vor sprudeln die Steuereinnahmen, die Kreisumlage wird auch in diesem Jahr klar über einer Milliarde Euro liegen - und die Kreispolitik agiert dabei in dem Wissen, dass die Corona-Pandemie verzögert durchschlagen wird, aber unklar ist, in welchem Ausmaß.

Vor diesem Hintergrund hatte die SPD-Kreistagsfraktion beantragt, die Kreisumlage zu senken, um die Kommunen angesichts drohender Ausfälle bei der Gewerbesteuer zu entlasten. Die Sozialdemokraten begründeten dies auch mit der im Jahr 2020 weggefallenen Solidarumlage zugunsten der neuen Bundesländer, die die Landkreise entlaste. Der Finanzausschuss vertagte diesen Antrag aber auf die im Oktober beginnenden Haushaltsberatungen für den Kreis-Etat des Jahres 2021, weil dann laut Kreiskämmerer Markus Kasper erst absehbar ist, wie sich das Steueraufkommen tatsächlich entwickeln wird.

Bei der zweiten Debatte über mögliche Einsparungen in Gräfelfing standen die Bereiche Schulen, öffentlicher Personennahverkehr sowie die landkreiseigenen Liegenschaften im Mittelpunkt. Zunächst aber gerieten Garchings SPD-Bürgermeister Dietmar Gruchmann und Landrat Göbel aneinander. Gruchmann warf Göbel und seiner Verwaltung vor, sie hätten "wieder nicht ihre Hausaufgaben gemacht" und keine konkreten Vorschläge für Einsparungen gemacht. Es reiche nicht aus, nur Ausgabenposten aufzulisten, sagte Gruchmann. "Ich erwarte von Ihnen klare Ansagen, wo man tatsächlich einsparen kann." Göbel konterte: "Es wäre gut, wenn ein Kreisrat auch mal zuhört. Wir sind nicht in den Haushaltsberatungen." Vielmehr habe das Gremium gemeinsam abgesprochen, dass über alle großen Posten im Haushalt geredet werde. "Dann müssen wir fragen, ob und wo wir steuernd eingreifen wollen", sagte Göbel, der dann noch eine Spitze gegen Gruchmann setzte: "Wenn Sie Ihre Aufgabe hier im Finanzausschuss nicht wahrnehmen wollen, bitten Sie Ihre Fraktion, Sie zu entlasten."

Einigkeit herrschte letztlich darüber, dass vor allem bei der Bildung nicht gespart werden soll. Projekte müssten aber priorisiert und ihrer Wichtigkeit nach abgearbeitet werden, mahnte Göbel. Christoph Nadler, Fraktionschef der Grünen, wies darauf hin, dass vor allem in die Digitalisierung investiert werden müsse. Aber auch beim ÖPNV zeichnet sich ab, dass es die großen Einsparpotenziale eher nicht geben wird, gleichwohl Gruchmann darauf hinwies, dass die Fahrgastzahlen 2020 massiv eingebrochen seien; dies müsse im kommenden Jahr berücksichtigt werden, wenn es um den Nahverkehrsplan geht, der Service aber dürfe nicht darunter leiden, so Garchings Rathauschef.

Klar ist indes, wie Kürzungen bei den landkreiseigenen Immobilien erzielt werden sollen - und zwar mit einer Investition. Der Landkreis steht kurz vor dem Ankauf einer Immobilie in der Messestadt Riem in München, die dem Willen des Landrats nach "langfristig" alle Standorte der Kreisbehörde in der Landeshauptstadt ersetzen soll, um dauerhaft die jährlichen Mietkosten von etwa drei Millionen Euro einsparen zu können. Auch das Landratsamt am Mariahilfplatz in der Au selbst soll aufgegeben werden. Aus den Reihen des Kreistags wird kolportiert, dass der Kaufpreis für die neue Immobilie in Riem bei etwas mehr als den 100 Millionen Euro liegen soll, die der Kreistag auch schon bereitgestellt hat.

© SZ vom 21.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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