Kommertar:Egoismus zum Einstand

Die neue Gemeinderätin stellt ihr Privatinteresse über das Gemeinwohl. Das geht nicht

Von Martin Mühlfenzl

Bei ihrer ersten Abstimmung als neu vereidigte Ottobrunner Gemeinderätin durfte Christina Dittlein gleich über das umstrittenste Projekt in ihrer Gemeinde abstimmen: den Bau einer Flüchtlingssiedlung am Kathi-Weidner-Weg. Als 23 Gemeinderäte und der Bürgermeister dem Vorhaben per Handzeichen ihre Zustimmung erteilten, blieb Dittlein als einzige regungslos sitzen. Sie hob erst ihre Hand, als der Rathauschef die Gegenstimmen ermittelte.

Gemeinderäte sind auch Bürger und als solche manches Mal von Entscheidungen direkt betroffen, die das Gremium fällt, dem sie selbst angehören. Sie geben ihre Befindlichkeiten und Sorgen mit der Übernahme ihres Amtes nicht an der Garderobe des Sitzungssaals ab. Aber sie dürfen sich bei wichtigen, sensiblen und umstrittenen Entscheidungsprozessen nicht von Eigeninteressen leiten lassen. Die Gemeinderätin Dittlein wohnt in direkter Nachbarschaft des Geländes, auf dem die Unterkunft entstehen soll - und sie hat die Abstimmung genutzt, um ihren persönlichen Unmut darüber kundzutun, künftig neben 320 Flüchtlingen wohnen zu müssen. Sie hat ihre persönlichen Interessen über die der Gemeinde gestellt - keineswegs unüberlegt, sondern wohl kalkuliert.

Damit brüskiert sie als Neue ein Gremium, dass es sich mit der Entscheidung für die Siedlung nicht leicht gemacht hat und massiven, teils aggressiven Angriffe bis heute trotzt. Die Gemeinderätin Dittlein indes hat ein fatales Signal von Egoismus gesetzt.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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