Kommentar:Wahlkampf auf dem Bahnsteig

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Dass Verkehrsminister Dobrindt nur Bürgermeister aus der CSU zu seiner Stippvisite im Landkreis eingeladen hat, ist schlechter Stil

Von Sabine Wejsada

Ein Minister kommt, doch nur ein paar Auserwählte sind willkommen. Was sich vergangenen Freitag an den Bahnhöfen im Landkreis München abgespielt hat, als die Kreis-CSU Alexander Dobrindt, ihren Mann im Berliner Ressort für Verkehrsfragen von Oberschleißheim über Haar und Hohenbrunn bis nach Ebenhausen karrte, gehört in die Kategorie "Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht". Dass der CSU-Kreisvorsitzende Florian Hahn seinen Parteifreund, den Bundesverkehrsminister, zu einer Tour zu den besonders problematischen Bahnhöfen im Münchner Umland eingeladen hatte, ist eine Sache. So macht man das, wenn eine Partei bereits im Wahlkampfmodus ist und zeigen will, dass sie sich kümmert.

Doch dass Dobrindt dann gleich noch hochrangige Vertreter der Deutschen Bahn im Schlepptau hatte und nur die CSU-Bürgermeister über den Besuch der Delegation informiert waren, ist ein heftiger Affront gegenüber den Rathauschefs, die nicht der bayerischen Staatspartei angehören. Das ist schlechter Stil und belastet das politische Klima. Nur zu verständlich, dass Christian Kuchlbauer und Gabriele Müller, die Bürgermeister von Oberschleißheim und Haar, die Gunst der Stunde nutzten, nachdem Informationen über den Besuch des Bundesverkehrsministers durchgesickert waren, um Dobrindt und die Herren von der Bahn vom jahrelangen Ärger ihrer Bürger über geschlossene Bahnschranken und nicht behindertengerechte Bahnhöfe an Ort und Stelle zu berichten. Seitenlange Beschwerdebriefe haben in der Vergangenheit halt nichts gebracht.

Kuchlbauer und Müller hatten die Rechnung indes ohne die CSU gemacht. Beide bekamen die offene Ablehnung der CSU zu spüren, als unerwünschte Zaungäste riefen sie heftige Reaktionen hervor. Das geht in jedem Fall zu weit: Beim Thema Verkehr im Landkreis braucht es einen breiten Schulterschluss. Egal, ob auf der Schiene oder den Straßen - es hakt an allen Ecken und Enden. Dobrindt mag zwar in der CSU sein, aber er gehört ihr nicht. Als Bundesverkehrsminister muss er auch Bürgermeistern zuhören können, die kein schwarzes Parteibuch haben.

© SZ vom 19.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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