Kommentar:Vorfahrt für die eigenen Ziele

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Der Streit um Lkw-Verkehr treibt die Stadt München und die Gemeinde Haar auseinander. Dabei wollten man einst gemeinsam viel erreichen

Von Thomas Kronewiter

Es ist ein Beschluss, den man im Münchner Rathaus unter den brennenden Themen der Millionenstadt wohl als nicht besonders bedeutsam wahrgenommen haben dürfte. Vermutlich ist er gerade deshalb auch so gefallen. Dass der Aufschrei bei den Haarer Nachbarn nun postwendend so laut ausfiel, dürfte aber zumindest die Kenner der Situation am Rande Truderings nicht überraschen. Denn die Entscheidung, künftig keine schweren Lastwagen mehr durch die kleine Bahnstraße zu lassen, berührt einen wunden Punkt: die Entwicklungsoptionen beim Nachbarn.

Dabei ist das Argument, man müsse die ansässige Wohnbevölkerung schützen, durchaus nachvollziehbar. Und auch den Hinweis, Haar müsse erst einmal selbst für die Lösung seiner Erschließungsprobleme sorgen, würden viele, zumindest auf Münchner Seite, nachvollziehen können. Schon bei der Behauptung, man wolle sich nicht länger durch eine nicht kompromissfähige Umlandgemeinde hinhalten lassen, aber wird für den Außenstehenden eine Beurteilung schwierig: Wer hält wen hin? Wer pokert, wer ist nicht zu konstruktiven Lösungen bereit?

Was den Fall der seit Langem ungelösten Nachbarschaftsproblematik so bemerkenswert macht, ist das Vorpreschen des Münchner Stadtrats angesichts vollmundiger Ankündigungen der beiden Spitzenpolitiker in Stadt und Landkreis. Auf Münchner Seite hatte sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in die Causa Rappenweg und Bahnstraße selbst eingeschaltet. Auf Landkreisseite hatte Landrat Christoph Göbel (CSU), übrigens mit Zustimmung des Münchner OB, gerade am Beispiel Haar und den dortigen Schulbau-Plänen das beidseitige Bemühen verdeutlicht, als Nachbarn an einem Strang zu ziehen.

Dass nun Fakten geschaffen werden, die diese Bemühungen nicht gerade unterstützen dürften, wird noch reichlich Ärger bringen, vielleicht sogar Prozesse. Es zeigt aber auch, dass sich die handelnden Akteure - nun sichtbar im Wahlkampfmodus - zunehmend auf ihre Zielgruppen konzentrieren. Man kennt das inzwischen, nicht nur aus den USA.

© SZ vom 11.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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