Kommentar:Unsolidarisches Verhalten

Der Freistaat lässt die Kreise bei der Bewältigung staatlicher Aufgaben im Regen stehen

Von Martin Mühlfenzl

Es kann gut sein, dass Kollegen aus den Landkreisen Hof oder Freyung-Grafenau die Klagen hiesiger Kreispolitiker über den Aufwand und die immensen Kosten, die mit der Übernahme staatlicher Aufgaben verbunden sind, mit merklichem Augenverdrehen kommentieren. Und hinzufügen: Was soll das Gejammer aus dem reichsten Landkreis der Republik, in dem die Umlagekraft 2018 erstmals die Grenze von einer Milliarde Euro durchbrechen wird?

Es ist schon richtig: Der Wohlstand ist hier zu Hause. Das scheinbar unendliche Wirtschaftswachstum und die sprudelnden Steuereinnahmen haben aber paradoxerweise zur Folge, dass der Landkreis München vor einer Rekordverschuldung steht und anstehende Projekte der Priorität nach wird ordnen müssen. Das Solidarprinzip, das auf der Umlagekraft basiert, verlangt dem Speckgürtel um die Landeshauptstadt finanziell Enormes ab. Wohlstand verpflichtet eben auch.

Angesichts dieser Tatsache ist es ein Unding, dass der Freistaat aus der Solidargemeinschaft ausschert und die Kreise mit immer mehr staatlichen Aufgaben im Regen stehen lässt. Es reicht nicht, hin und wieder als Zeichen des guten Willens Staatsbedienstete auf Kosten des Freistaats in die Landratsämter zu schicken. Die Behörden sind - was sie jeden Tag beweisen - in der Lage, das gesellschaftliche Zusammenleben bestens zu organisieren. Doch es droht die Gefahr, dass sie es bald nicht mehr finanzieren können. Weder in Hof noch im Landkreis München.

© SZ vom 09.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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