Kommentar:Unsicherheit in Uniform

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Es besteht überhaupt keine Notwendigkeit, Bürger mit Pfefferspray ausgerüstet auf die Straße zu schicken

Von Martin Mühlfenzl

Armin Ganserer, Chef der Ottobrunner Polizeiinspektion, sagt, Unsicherheit sei zunächst ein subjektives Gefühl. Es mag schon sein, dass bei vielen Bürgern Ängste entstehen, wenn auch faktische Bedrohungen überhaupt nicht vorhanden sind; umso mehr wäre es die Aufgabe eines Inspektionsleiters, den Menschen diese Ängste zu nehmen - mit Verweis auf die Präsenz der Polizei, auf die in seinem Zuständigkeitsbereich weiter rückgängige Kriminalitätsrate, die Aufklärungsquote. Aber sicher nicht mit dem Ratschlag, eine Sicherheitswacht, bestehend aus Bürgern, aufzubauen.

Weder die Gemeinde Neubiberg noch die Nachbarkommune aus Ottobrunn gelten als wirklich gefährliche Pflaster. Genau genommen sind es sehr gesittete, auch ein wenig biedere Ortschaften, die selbstverständlich auch zum Ziel von Einbrechern oder ähnlichen Ganoven werden können. Eines aber sind sie sicher nicht: Hochkriminalisierte, drogenverseuchte Brennpunkte, an denen man sich nicht auf die Straße traut. Es besteht also überhaupt keine Notwendigkeit, Bürger mit Pfefferspray ausgerüstet auf die Straße zu schicken, um Recht und Ordnung gewissermaßen wieder sichtbar zu machen. Noch dazu wäre es fatal, vor allem diejenigen, die eben dieses subjektive Gefühl der Unsicherheit in sich tragen, als Hilfssheriffs auf Streife gehen zu lassen. Und wer sonst soll sich zum Dienst an der Reizgasdose melden? All jene - und das ist die übergroße Mehrheit -, die sich in ihren Gemeinden sicher fühlen, werden die Beförderung in die Sicherheitswacht kaum anstreben.

Die Polizeibeamten, die freilich unter enormem Druck leiden, Überstunden anhäufen und sich verstärkt auch Pöbeleien und Unflätigkeiten anhören müssen - letztere übrigens meist nicht von Kleinkriminellen -, sollten vielmehr stolz auf ihre Bilanz sein. Sie dürfen selbstbewusst darauf verweisen, dass sie ihrer Aufgaben Herr werden. Diese Haltung würde die Autorität der Polizeibeamten stärken. Eingeschüchterte Bürger, die Graffitisprayer und kiffende Jugendliche im Landschaftspark aufspüren, helfen dabei nicht.

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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