Kommentar:Unbeherrschtes Wahlkampfgetöse

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SPD und FDP sollen schnell auf eine gemeinsame Basis zurückkehren, damit die bisher so vorbildhafte Arbeit aller Beteiligten in der Asylpolitik keinen Schaden nimmt

Von Martin Mühlfenzl

Die SPD hat in einem Punkt recht. Tobias Thalhammers Behauptung, es sei ein FDP-Erfolg, dass die geplante Flüchtlingsunterkunft an der Äußeren Hauptstraße in Neubiberg nicht kommt, ist ziemlich dreist. Schließlich gibt es nur einen einzigen Grund, der dazu geführt hat, das Projekt abzublasen: Es wird aufgrund der sinkenden Flüchtlingszahlen derzeit einfach nicht benötigt. Die FDP im Landkreis hat damit rein gar nichts zu tun.

Und die Sozialdemokraten haben in einem weiteren Punkt recht: Es ist Wahlkampf - und kurz vor Wahlen werden merkwürdige Schlagzeilen produziert. Thalhammers Spruch "Neubiberger Flüchtlingsheim gescheitert" ist eine Aussage, die falsch verstanden werden kann - wenn sie denn falsch verstanden werden soll. Dass die SPD dem Liberalen angesichts solcher Sprüche unterstellt, er habe den bestehenden Konsens in der Flüchtlingspolitik aufgekündigt, ist aber nicht weniger dreist als Thalhammers Verweis auf vermeintliche FDP-Erfolge. Die Sozialdemokraten im Kreistag üben sich mit solchen Parolen in unbeherrschtem Wahlkampfgetöse, das dem so sensiblen Thema der Aufnahme und Integration von Schutzsuchenden in keiner Weise gerecht wird. Dies gilt auch für die Behauptung, die FDP habe auf Kreisebene bisher keinen einzigen Beitrag und keine Initiative in der Asylpolitik geleistet. Die Einführung von sogenannten Kompetenzanalysen für Flüchtlinge, die helfen sollen, Menschen in Ausbildung und Beruf zu bringen, geht aber auf eine Initiative der liberalen Kreistagsfraktion zurück. Das sollte die SPD bei aller Aufregung im Wahlkampf nicht vergessen.

Bisher - und das ist der dritte Punkt, in dem die Sozialdemokraten richtig liegen - existiert tatsächlich ein parteiübergreifender Konsens, wenn es darum geht, die Integration von Schutzsuchenden voranzutreiben und sie menschenwürdig unterzubringen. Die Kreispolitiker haben in den vergangenen Monaten in der Flüchtlingspolitik besonnen, ohne viel Spektakel und vor allem uneigennützig gehandelt. Den Boden der Vernunft haben nun sowohl Tobias Thalhammer als auch die SPD kurzfristig verlassen. Wenn sie nicht schnell auf diese gemeinsame Basis zurückkehren, droht der Landkreis Schaden zu nehmen. Und mit ihm die bisher so vorbildhafte Arbeit aller Beteiligten in der Asylpolitik.

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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