Kommentar:Schwangerschaft ist Privatsache

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Die Gemeinde Oberhaching berücksichtigt in ihrem Einheimischenprogramm auch ungeborene Kinder. Das ist sehr fragwürdig

Von Sabine Wejsada

Eine Schwangerschaft gehört zu den höchstpersönlichen Ereignissen im Leben einer Frau. Bis auf den Vater, der es im besten Fall als Erster erfahren sollte, wenn Nachwuchs kommt, ist es ihre Privatsache, wann sie wem davon erzählt. Selbst der Arbeitgeber muss laut Gesetz nicht davon erfahren, wenn bei einer Beschäftigten eine Schwangerschaft eingetreten ist. Es ist in jedem Fall klug, mit der Nachricht bis zum dritten Monat abzuwarten. Bis dahin nämlich ist die Gefahr einer Fehlgeburt noch recht hoch und die Frau kann sich dann eventuell ersparen, diese sehr private Erfahrung vor der Chefin oder dem Chef darlegen zu müssen. Das Gespräch mit dem Arbeitgeber ist davon abgesehen allerdings sinnvoll. Werdende Mütter genießen dem Gesetz nach einen besonderen Schutz.

In Oberhaching ist man gerade dabei, die Schwangerschaft in ein öffentliches Gut zu verwandeln. Der Gemeinderat lockt in seinem Kriterienkatalog zur Vergabe von günstigerem Baugrund für Einheimische mit Bonuspunkten für werdende Eltern, wie es bereits in anderen Kommunen der Fall ist. Wer ein ärztliches Attest über die geglückte Empfängnis vorlegt, hat gute Chancen, mögliche Konkurrenten ohne Anhang hinter sich zu lassen und zu den Nachbarn mit mehreren Sprösslingen aufzuschließen. Das ist durchaus fragwürdig.

Dass Familien mit Kindern in den Einheimischen-Modellen von Kommunen bevorzugt werden, ist überhaupt nicht zu kritisieren. Sie brauchen Platz und haben es bestimmt schwerer als Doppelverdiener ohne Kind, sich im Münchner Speckgürtel ein Eigenheim zu leisten. Das Ultraschallbild des Nachwuchses hat jedoch nichts auf dem Schreibtisch von Rathausmitarbeitern zu suchen. Man mag sich gar nicht vorstellen, was mit den Bonuspunkten passiert, wenn in der Schwangerschaft etwas passiert, das die Familienplanung zunichte macht. Kinderkriegen ist Privatsache - und muss es auch bleiben.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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