Kommentar:Schluss mit rassistischen Zerrbildern

Nicht nur im britischen Bristol gibt es Denkmäler, über die es sich noch einmal nachzudenken lohnt

Von Wolfgang Krause

Seit dem spektakulären Sturz der Statue eines Sklavenhändlers im britischen Bristol bei einer Black-Lives-Matter-Demonstration ist in vielen Ländern der Welt ein Kulturkampf um rassistische Denkmäler entbrannt. Auch bei uns gibt es ein hochproblematisches koloniales Erbe, das sich vielerorts zum Beispiel in Straßennamen widerspiegelt. Jetzt ist die Zeit, um daran zu rühren - und dabei gleich auch Anachronismen wie die Darstellung des Freisinger Mohren im Unterföhringer und Ismaninger Wappen zu hinterfragen.

Der geht nach Meinung mancher Forscher auf die mittelalterlichen Kreuzzüge zurück, andere glauben, dass er seine dunkle Hautfarbe einer Verwechslung verdankt. Aber auch diese eher harmlose Geschichte würde nichts daran ändern, dass der gekrönte schwarze Kopf mit den wulstigen roten Lippen, dem krausen Haar und der übergroßen Nase das rassistische Zerrbild eines Schwarzen ist. Deshalb wäre es das Mindeste, diese Wappenfigur zu modernisieren und nur noch stilisiert darzustellen, so wie das etwa die Marken Sarotti oder Julius Meinl mit den Klischee-Afrikanern in ihren Logos vorgemacht haben.

Dass die Unterföhringer, Ismaninger und viele andere Kommunen an ihren Wappen mit dem Mohren hängen, kann man noch irgendwie nachvollziehen. Tradition ist zwar kein gutes, aber ein beliebtes Argument, um allen möglichen reaktionären Unsinn zu rechtfertigen. Völlig unverständlich ist dagegen, dass die Gemeinde Unterföhring vor zwölf Jahren erst ihren Kulturpreis nach diesem Mohren benannt hat und ihn in Form einer Skulptur verleiht, die man ebenfalls als rassistisch empfinden kann. Kaum zu glauben, dass sich noch keiner aus der illustren Riege der Preisträger daran gestört hat. Und höchste Zeit für einen Neuanfang.

© SZ vom 27.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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