Kommentar:Rückzieher mit Kalkül

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Die Bayerische Schlösserverwaltung verhindert in Oberschleißheim den Bau einer Flüchtlingsunterkunft. Ein bereits zugesagtes Grundstück wird nicht zur Verfügung gestellt. Der Vorgang passt zum nüchternen Umgang des Dienstherrn mit dem Thema

Von Martin Mühlfenzl

Die Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen residiert in Schloss Nymphenburg und steuert von dort aus alle kulturellen und denkmalpflegerischen Belange der Baukunst im Freistaat, von der Veste Coburg bis zur Kirche St. Bartholomä am Königsee. Die Unterbringung von Flüchtlingen gehört eigentlich nicht zum Aufgabengebiet der Verwaltung. Und nur mit dieser exakten inhaltlichen Abgrenzung lässt sich auch die Ignoranz der Behörde erklären, die der Gemeinde Oberschleißheim nun den Bau einer Flüchtlingsunterkunft auf einem ihrer Grundstücke verwehrt.

Böse Zungen könnten behaupten, die Schlösserverwaltung folgt mit ihrer Verweigerungstaktik nur der Willkommenskultur ihres Dienstherren. Schließlich ist die Behörde dem bayerischen Finanzministerium angegliedert - und Staatsminister Markus Söder deren Vorgesetzter. Was sich in der Causa Oberschleißheim aber tatsächlich offenbart, ist eine tiefe Kluft zwischen der Kälte und Nüchternheit, mit der auf ministerieller und bürokratischer Ebene der Flüchtlingsthematik begegnet wird, und der zupackenden und lösungsorientierten Vorgehensweise pragmatischer Kommunalpolitiker. Wie sonst lässt sich erklären, dass der Freistaat einer Kommune ein Grundstück vorenthält, das ohnehin brach liegt und - um alle Ästheten zu beruhigen - das Bild barocker Schleißheimer Schönheit nun wirklich nicht beeinträchtigt. Wie sonst lässt sich rechtfertigen, dass die Schlösserverwaltung eine bereits getroffene Zusage für den Bau einer Unterkunft ohne Angabe von Gründen wieder zurückzieht und damit Oberschleißheims Bürgermeister Christian Kuchlbauer brüskiert, der gegenüber dem Landkreis Verpflichtungen hat und eine feste Quote bei der Unterbringung erfüllen muss.

Die Schlösserverwaltung ist nun am Zug und in der Pflicht. Die Behörde muss klarstellen, dass hinter der Verweigerung von Grundstücken kein System steckt. Sondern der Freistaat vielmehr gewillt ist, die Kommunen bei der Mammutaufgabe Flüchtlingsunterbringung zu unterstützen. Das sollte im Sinne von Dienstherr Söder sein.

© SZ vom 25.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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