Kommentar:Reingefallen auf die Mogelpackung

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Mancher Kreisrat hat der MVV-Tarifreform nur zugestimmt, weil die Staatsregierung Geld für schnelle Verbesserungen versprochen hat. Jetzt warten sie vergeblich auf die Umsetzung

Von Martin Mühlfenzl

Der große Wurf sollte es werden. Nicht weniger als eine historische Erneuerung des so unübersichtlichen Ticketsystems des Münchner Verkehrs- und Tarifverbunds. Und der Freistaat hat versprochen, 35 Millionen Euro in das System zu packen, von denen alle Pendler profitieren sollten. Vor allem für viele Bewohner der Nordkommunen aber ist selbst die aufgrund des massiven Protests aus dem Landkreis München noch einmal überarbeitete MVV-Tarifreform eine Mogelpackung. Der Freistaat hat nicht nur Versprechen gebrochen, er hat die Kreispolitiker nach allen Regeln der Kunst über den Tisch gezogen.

Ministerpräsident Markus Söder selbst hat neben dem 35-Millionen-Euro-Zuckerl angekündigt, zusätzlich 15 Millionen zu investieren, um auf den Strecken mit den entsprechenden technischen Voraussetzungen so schnell wie möglich einen durchgängigen 20-Minuten-Takt zu realisieren. Diese Zusage hat am Ende einer enervierenden Debatte viele Kreisräte - darunter lautstarke Kritiker der Reform - bewogen, der Neustrukturierung doch noch zuzustimmen. Sie haben ihr positives Votum an das Versprechen des Ministerpräsidenten geknüpft, den öffentlichen Nahverkehr endlich zu erneuern und schnell spürbare Verbesserungen für die Menschen in die Wege zu leiten, die ihn tagtäglich nutzen. Nichts davon ist passiert, die Staatsregierung hat es nicht einmal für notwendig befunden, die für den Ausbau des 20-Minuten-Takts versprochenen 15 Millionen Euro im Doppelhaushalt des Freistaats für die Jahre 2019/20 konkret einzustellen.

Im für Etatfragen zuständigen Landtagsausschuss sitzt übrigens Ernst Weidenbusch. Der Haarer CSU-Abgeordnete hat sich im Wahlkampf noch dafür feiern lassen, maßgeblich Söders Finanzierungszusage mit erzwungen zu haben. Auch deshalb hat Weidenbusch der MVV-Tarifreform zugestimmt. Oder war all das am Ende doch nur das Wahlkampfgetöse einer Partei, die nun ihre Versprechen bricht und ganz offensichtlich keine Kraft zur Erneuerung hat?

© SZ vom 12.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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