Kommentar Pro:Der Protest verhallt

Eine Demo auf der Autobahn wäre sinnvoll gewesen, denn um die geht es ja. Jetzt können die Taufkirchner nur auf dem Parkplatz Plakate hochhalten

Von Iris Hilberth

Taufkirchen am Wald heißt der gut 40 Jahre alte Ortsteil der Gemeinde südöstlich von München. Genau genommen müsste er aber Taufkirchen an der Autobahn heißen. Denn zwischen Wohnbebauung und Forst verläuft die A 995. So dicht wie nirgendwo sonst führt die Giesinger Autobahn direkt an manchem Schlafzimmerfenster vorbei und dröhnt den Anwohnern in den Ohren. Deshalb wäre es nur gerecht, wenn sich die Autofahrer einmal mit dem Protest der Taufkirchner auseinandersetzen müssten - auch wenn sie dafür einmal eine Stunde länger im Stau stehen müssen als sonst.

Man kann den Lärmgeplagten durchaus attestieren, alles getan zu haben, um die Dezibelzahlen auf dieser stark befahrenen Hauptverkehrsader auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Sie können inzwischen die EU-Verordnungen auswendig aufsagen, haben sich über Air-Pumping und Horn-Effekt des Reifen-Fahrbahn-Geräuschs schlau gemacht und sind bestens informiert über die Lärmproduktion von Splittmatrixasphalt und Dünnschichtbelag. Genützt hat ihnen das nichts. Denn das geforderte Tempolimit, von dem sie sich mehr Ruhe im Schatten der Autobahn erhoffen, wird regelmäßig von den Behörden abgelehnt.

Es ist nicht laut genug, heißt es immer, und ausreichend gefährlich ist es auch nicht. Noch nicht einmal Blitzer gibt es, um das nachts geltende Tempolimit zu kontrollieren. Eine Demo ist da keine schlechte Idee, um sich endlich mal Gehör zu verschaffen. Allerdings hätte die nur direkt auf der Autobahn Sinn ergeben, denn um die geht es ja schließlich. Jetzt können die Taufkirchner auf dem Waldparkplatz Plakate hochhalten, während gleichzeitig die Autofahrer Gas geben dürfen. Zuhören wird ihnen dort kaum einer.

© SZ vom 24.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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