Kommentar:Parteien brauchen Erneuerung

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Einige arrivierte Liberale sind bei der Nominierung der Kreistagsliste nach hinten durchgereicht worden. Was für den einzelnen schmerzhaft ist, ist für eine lebendige Partei unverzichtbar

Von Martin Mühlfenzl

Gelebte Demokratie kann wahnsinnig anstrengend sein. Sie kann auch seelische Verletzungen zur Folge haben. Das haben die Liberalen im Landkreis am vergangenen Wochenende erlebt, als bei der Aufstellung ihrer Kreistagsliste arrivierte Kommunalpolitiker nach hinten durchgereicht und sogar brutal abgestraft worden sind, während junge Nachwuchskräfte den Sprung weit nach vorne geschafft haben. Zurückbleiben werden bei manchen spürbare Narben. Doch eine Partei muss solche Prozesse aushalten.

Der Verteilungskampf, den die FDP nun hinter sich gebracht hat, steht den anderen Parteien noch bevor. Und es werden heftige Auseinandersetzungen um die vorderen Listenplätze. Es wird Hinterzimmerabsprachen geben, öffentliche Demütigungen und vollkommen neue Konstellationen. Bisher dominierende Kräfte werden auf ihren Führungsanspruch pochen, aufstrebende Nachwuchshoffnungen werden sich positionieren, der Regionalproporz wird sich auf den Listen widerspiegeln müssen, Alt und Jung werden in Konkurrenz treten. Gut möglich, dass in der einen oder anderen Partei alte Gräben wieder aufbrechen, die als überwunden galten.

So mühsam diese Prozesse sein können, sie sind Bestandteil von Politik und Parteiarbeit - und sie füllen Parteien auch mit Leben. Am Beispiel der Kreis-FDP lässt sich ablesen, dass Veränderungen schlichtweg zum Geschäft gehören und eine Partei auch nach vorne bringen können. Kreisrätin Sandra Wagner, die von den Mitgliedern gleich mehrmals abgewatscht wurde, und ihr Kollege Jörg Scholler, der den erhofften Listenplatz vier nicht erreicht hat, werden das natürlich anders sehen. Letztlich sind sie Opfer eines Veränderungsprozesses geworden, an dessen Ende die Partei eine ausgewogene Mischung aus neuen Gesichtern und notwendiger Erfahrung gefunden hat. Wer den Blick in die Zukunft richten will, muss der Jugend eine Chance geben - und zwar auf vorderen Plätzen, die dem Wähler beim Durchblättern des Wahlzettels sofort ins Auge stechen.

© SZ vom 17.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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