Kommentar:Ohne soziale Verantwortung

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Wenn der Staat nicht eingreift, steigen Mieten und Kaufpreise rasant. Trotzdem sollte er untätig bleiben, meint Tobias Thalhammer (FDP). Dabei wollte die Partei doch eigentlich beweisen, dass sie keine Klientelpolitik macht

Von Martin Mühlfenzl

Es gibt so etwas wie den freien Markt für politische Ideen, der es in Wahlkampfzeiten einem jeden gestattet, seine Überzeugungen einfach so rauszuposaunen. Der FDP-Landtagskandidat Tobias Thalhammer macht von diesem "Grundrecht" für Politiker allzu gerne Gebrauch und hat früh in den Wahlkampfmodus geschaltet - mit Einlassungen zum "Polizeistaat Bayern", zur dritten Startbahn und kommunal oder zum staatlich organisierten Wohnungsbau. Mit seinen Attacken gegen die Vergabe von landkreiseigenen Wohnungen auch an Erzieherinnen oder Feuerwehrler aber hat der Liberale den Bogen überspannt.

Es gehört zum Wesenskern eines FDP-Mannes, bei jeder sich bietenden Gelegenheit und zu jedem Thema die Vorzüge des Freien Marktes zu preisen; die Wirkungs- und Gestaltungskräfte der Wirtschaft und Unternehmen zu betonen, die sich noch einmal potenzieren, wenn sich der Staat raushält. Wie gut diese liberale Grundethik funktioniert, lässt sich beim Wohnungsbau in der Stadt und im Landkreis München betrachten; oder bei der vollkommen enthemmten Entwicklung der Miet- und Grundstückspreise, die es nicht nur Geringverdienern unmöglich macht, eine bezahlbare Wohnung oder gar ein Haus für die eigene Familie zu finden. Thalhammers Lösung: Es müsse privater Wohnungsbau für alle Bürger ermöglicht werden - anstatt staatlichen Wohnungsbau "für einzelne Schichten zu subventionieren". Und noch ein Hinweis des Landtagskandidaten: Das Bauen sei ja "vor allem durch strengere, gesetzliche Anforderungen teurer geworden".

Wer so argumentiert, hat nichts verstanden - oder will bewusst nicht verstehen. Der Muster-Liberale Thalhammer versucht, sich auf Kosten derjenigen zu profilieren, die sich das Leben hier bald nicht mehr leisten können und auf die Hilfe des Staates oder des Landkreises angewiesen sind. Wer noch immer nicht glauben will, dass die FDP eine Partei der Besserverdienenden ohne soziale Verantwortung ist, muss nur hinhören, was deren Vertreter so zum Thema Wohnungsbau herausposaunen.

© SZ vom 28.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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