Kommentar:Nur dürftig kaschiert

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Dass die Porträts der beiden Nazi-Bürgermeister im Rathaus von Höhenkirchen-Siegertsbrunn nun mit einem einsilbigen Hinweis versehen sind, genügt nicht

Von Wolfgang Krause

Fast 25 Jahre lang hingen die Zeichnungen von zwei Nazis - einer mit Hitlerbärtchen und Hakenkreuzabzeichen - unkommentiert und weitgehend unbemerkt neben den Porträts anderer ehemaliger Bürgermeister im Rathaus von Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Als die seltsame Ahnengalerie dieses Jahr doch auffiel, setzte Bürgermeisterin Ursula Mayer die Sache sofort auf die Tagesordnung des Gemeinderats. Schon damals drängte sich der Verdacht auf, dass es nur darum ging, das unangenehme Thema möglichst rasch und geräuschlos wieder loszuwerden. Zwei neue, erläuternde Schilder sollten her. Damit sollte es gut sein.

Nun hängen diese Schilder, aber sie machen die Sache nicht besser. Denn die Erläuterung besteht aus einem einzigen Wort auf einem verschnörkelten Messingplättchen. Wer sich ins obere Stockwerk des Höhenkirchner Rathauses verirrt, erfährt nur, dass die beiden Bürgermeister "eingesetzt" wurden. Dass es die Nazis waren, die sie ins Amt hievten, weil sie wie überall ihnen missliebige, gewählte Bürgermeister durch eigene Parteigänger oder andere willfährige Leute ersetzten, steht nirgends. Und das wäre das Mindeste, was man erwarten könnte, wenn es sich bei den Porträts - wie behauptet - um eine historische Dokumentation handelt und nicht um eine Ehrengalerie.

Kurz: Wenn die heutige CSU-Bürgermeisterin Mayer gehofft hat, das Problem auf elegante Weise zu lösen, ohne jemanden zu verprellen, hat sie sich getäuscht. Dass die Gemeinde unter ihrem SPD-Vorgänger Rudi Mailer Anfang der Neunzigerjahre Nazi-Bürgermeister zeichnen und im Rathaus aufhängen ließ, bleibt ein Skandal und lässt sich mit den mehr als dürftigen neuen Schildern nicht kaschieren.

Das örtliche Gymnasium will die Diskussion zum Anlass nehmen, sich um eine Aufarbeitung der NS-Zeit in der Gemeinde zu bemühen. Das ist lobenswert. Vielleicht finden die Schüler ja etwas heraus über die Rolle der beiden Bürgermeister und wie es sein konnte, dass einer davon nach dem Krieg weitere 20 Jahre im Rathaus amtierte. Das leidige Thema wird der Bürgermeisterin auf jeden Fall erhalten bleiben. Und das immerhin ist gut so.

© SZ vom 09.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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