Kommentar:Lieber leiser reisen

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Lärmschutzwände leiten den Lärm nur um. Besser wäre es, wenn er gar nicht erst entstünde

Von Lars Brunckhorst

Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden - was Wilhelm Busch in "Dideldum" reimte, gilt je nach Gemüt und Nervenkostüm auch für diverse andere Lärmquellen: Vogelgezwitscher, Glockengeläut, Kindergeschrei. Wie störend ein Geräusch ist, hängt oft gar nicht so sehr von der Lautstärke ab, als vielmehr vom subjektiven Empfinden. Mit einer Ausnahme: Verkehrslärm wird allgemein als lästig, ja belastend wahrgenommen. Deshalb wird an diesem Mittwoch, wenn weltweit der Tag des Lärms, der "International Noise Awareness Day", begangen wird, auch wieder ganz besonders hingehört bei Straßen-, Schienen- und Fluglärm.

Und es dürften wieder landauf, landab Forderungen nach noch mehr Lärmschutz laut werden. Doch was ist mit immer noch dichter schließenden Fenstern, mit immer noch höheren Wänden und Wällen gewonnen? Nichts, außer dass man sich gegenseitig abschottet von der Welt. War eine Zugfahrt früher beim Blick auf die vorbeiziehenden Landschaften ein Erlebnis, schaut der Bahnreisende heute fast nur noch auf öde Schallschutzwände. Solche haben zudem einen doppelten, ja gegensätzlichen Effekt: Für den, der unmittelbar dahinter lebt, mag der Krach gedämmt werden, dafür werden plötzlich Menschen, die viel weiter weg wohnen, vom Rattern der Züge und Rauschen der Autos gestört. Das hat ganz physikalische Gründe: Der Lärm ist ja nicht weg, der Schall wird durch Wände nur umgeleitet.

Eine Lösung der Misere kann daher auf Dauer nicht sein, den Lärm auszusperren, sondern einzig, ihn zu reduzieren. Also zum Beispiel mehr Tempolimits verhängen, mehr Elektroautos auf die Straße bringen und Elektrobusse wie jetzt in einem Pilotprojekt in Unterföhring (). Und - ganz persönlich und privat - mehr mit dem Rad fahren. Denn wir alle leiden ja nicht nur unter Lärm, wir machen ihn auch.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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