Kommentar:Lehrstunde für Sander

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Wie eine unartige Schulklasse musste der Taufkirchner Gemeinderat den Stoff der letzten Stunde noch einmal durchkauen. Dabei müsste doch eher der Bürgermeister beim Lernstoff Haushalt, Kommunikation und Zuständigkeiten nachsitzen

Von Martin Mühlfenzl

Pünktlich um 8 Uhr begann am Montagmorgen das Nachsitzen - es fehlte eigentlich nur noch der Gong. Wie eine unartige Schulklasse musste der Taufkirchner Gemeinderat zusammenkommen, um den Stoff der letzten Stunde noch einmal durchzukauen - und auch zu verstehen. Eingeladen zur Ferienbetreuung zu ungewöhnlicher Zeit hatte Bürgermeister Ullrich Sander. Das entbehrt nicht einer gewissen Komik und Dreistigkeit, ist es doch der Rathauschef selbst, der beim Lernstoff Haushalt, Kommunikation und Zuständigkeiten nachsitzen müsste.

Sanders Vorgehen nach den überraschenden Kostensteigerungen bei den Bauprojekten Ritter-Hilprand-Hof und Friedhof ist insofern bemerkenswert, als erst Anfang des Jahres der Gemeinderat auch auf sein Betreiben hin die Bauamtsleiterin vom Rathaushof gejagt hatte. Der wurde - neben anderen Verfehlungen - vorgeworfen, immer wieder im Alleingang und am Gemeinderat vorbei Entscheidungen zu treffen, die eigentlich im Zuständigkeitsbereich der Kommunalpolitiker hätten liegen müssen. Und was macht Sander? Will von den Gemeinderäten gewissermaßen ohne große Diskussionen und durch die Hintertür deren Plazet für Kostenmehrungen, von denen sie erstens nichts wussten und die sie zweitens im Haushalt nicht genehmigt hatten. Und dann zitiert der Bürgermeister die Gemeinderäte nach deren Aufbegehren auch noch an einem Montagmorgen - einer Zeit also, zu der die Ehrenamtlichen eigentlich ihrem Beruf nachgehen - zu einer weiteren Gemeinderatssitzung.

Dass die Gemeinderäte die Haushaltsüberschreitungen doch genehmigt haben, liegt ausschließlich daran, das sie Schlimmeres verhindern wollten - eine handlungsunfähige Verwaltung. Sie haben aber auch klar gemacht, wer eigentlich Herr im Haus sein muss und ist: der Gemeinderat, der alle relevanten Entscheidungen trifft. Und vom Bürgermeister und der Verwaltung stetig und umfassend informiert werden muss.

© SZ vom 09.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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