Kommentar:Landwirtschaft braucht Freiraum

Frisch, regional und umweltschonend: So wünschen sich heute viele Verbraucher ihr Fleisch. Dafür aber müssen sie auch Schweineställe in der Nachbarschaft dulden

Von Frederick Mersi

Ob niedrige Milch- oder Fleischpreise oder strenge rechtliche Vorgaben: Gerade kleinere Betriebe im Landkreis kämpfen mit Herausforderungen. Die Einnahmen müssen erst einmal erzielt werden, die die geforderten Investitionen möglich machen. Viele Viehbauern geben vor diesem Hintergrund auf, den Agrarfabriken mit ihren umstrittenen Tierhaltungsmethoden Konkurrenz zu leisten. Bei Fleischpreisen, die jedes Schwein zum Verlustgeschäft machen, ist das nur logisch.

Immer mehr Landwirte ziehen es deshalb vor, von der traditionellen Landwirtschaft auf Freizeitangebote wie Erlebnis- und Reiterhöfe umzusteigen. Als Rettungsanker wurde der Markt für biologisch erzeugte Lebensmittel gesehen. Die Hoffnung war, dass sich artgerechte Haltung und regionale Vermarktung zu höheren Preisen für die Bauern rechnet. Doch nur wenige gehen im Landkreis diesen Weg. Sie scheuen die Doppelbelastung bei Herstellung und Vertrieb, die geringen Gewinnspannen, notwendige Investitionen und Qualifizierungen sowie strenge Vorgaben bei Produktion und Verarbeitung. Vor allem braucht eine Landwirtschaft, die ökologisch wirtschaftet und zukunftsfähig ist, Freiraum für die Tierhaltung und Ackerflächen. Daran hapert es im dicht besiedelten Umland der Großstadt.

Wenn dann zusätzlich Bürger gegen Erweiterungspläne von Biobauern mobilisieren, fehlt jeglicher Anreiz, sich auf das ökologische Modell einzulassen. Frisch, regional und umweltschonend: So soll Landwirtschaft in Zukunft funktionieren. Ein Markt wäre bei der hohen Kaufkraft im Landkreis vorhanden. Doch wer Bio-Produkte und regionale Lebensmittel schätzt, darf nicht nach dem Sankt-Florian-Prinzip handeln. Der Anwohner muss neue oder größere Viehställe akzeptieren und der Verbraucher muss bewusst agieren, durch den Einkauf im Hofladen oder auf dem Wochenmarkt.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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