Kommentar:Kurieren am Infarkt

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Nach dem Vorbild der Österreicher im Landkreis in der Ferienzeit den Verkehr von der Bundesstraße 471 auf die A99 umzuleiten, ist zu kurz gedacht. Gegen den Verkehrskollaps braucht es weiterreichende Konzepte

Von Martin Mühlfenzl

Plötzlich taugen die Österreicher zum Vorbild. Vier Bürgermeister aus dem östlichen Landkreis bekunden, für die Sperrungen von Ortsdurchfahrten im Nachbarland während der Hauptreisezeit "große Sympathien" zu hegen und am liebsten das Modell sofort - in abgeänderter Form - auf die Bundesstraße B 471 übertragen zu wollen, um den Schwerlastverkehr von dort auf die Ostumfahrung der A 99 zu verbannen. Das ist legitim, das Ansinnen hat das Wohl der Bürger im Blick. Aber die Maßnahme wird kaum dabei helfen, den alltäglichen Verkehrsinfarkt auf den Straßen den Landkreises zu beheben.

Wird eine Straße gesperrt, verlagert sich der Verkehr auf andere Routen. Allein den Schwerlastverkehr generell auf den chronisch überlasteten und verstopften Autobahnen der Region zu halten, wird kaum dazu beitragen, den Verkehr in den Städten und Gemeinden drastisch zu reduzieren. Die Gemengelage ist komplexer, vielschichtiger - und vor allem eine mit unangenehmen Wahrheiten für den Bund und den Freistaat. Sie haben in seltener Einmütigkeit den Ausbau der Schiene vernachlässigt. Nicht zuletzt deshalb verhängen die Österreicher Fahrverbote in Salzburg und Tirol. Denn im Gegensatz zur deutschen Seite investiert Österreich massiv ins Schienennetz und den öffentlichen Personennahverkehr.

Zur Wahrheit gehört auch, dass in dieser weiter wachsenden Region der Großteil des Verkehrs - vor allem des innerörtlichen - hausgemacht ist. Das Auto ist immer noch das Fortbewegungsmittel Nummer eins und verstopft auch deshalb die Straßen, weil viel zu viele kurze Strecken damit zurückgelegt werden. Insellösungen wie ein Lkw-Fahrverbot auf der B 471 können zwar kurzfristig eine gefühlte Entspannung zur Folge haben. Was aber ist mit der B 471 im Norden und all den anderen Bundes-, Kreis- und Gemeindestraßen, auf denen tagtäglich der absolute Stillstand zu erleben ist? Es braucht schon weiterreichende Konzepte, um dem drohenden Kollaps etwas entgegenzusetzen.

© SZ vom 28.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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