Kommentar:Kleinliche Großzügigkeit

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Wer anschafft, der muss zahlen: Der Freistaat missachtet diesen Grundsatz bei der nur teilweisen Erstattung von Kitagebühren

Von Martin Mühlfenzl

Die Staatsregierung zeigt sich kulant. Anders als im Frühjahr, als Eltern während des Lockdowns keine Erstattung der Betreuungskosten erhielten, wenn sie ihr Kind auch nur einen Tag in die Kita oder Krippe schickten, sind jetzt fünf Tage frei. Eine Grenze muss die Staatsregierung setzen, ansonsten verlöre der Begriff "Notbetreuung" seine Glaubwürdigkeit, und angesichts vieler Buchungen in den Einrichtungen-in Ismaning etwas mehr als 50 Prozent - kann davon eigentlich auch nicht gesprochen werden. Dabei müsste alles dafür getan werden, dass Eltern ihre Kinder nicht in die Kita schicken. Die Zahl der Kontakte muss runter.

Daher ist es richtig, dass die Staatsregierung ankündigt, den Eltern die Betreuungskosten zu ersetzen, wenn sie die Notbetreuung nicht in Anspruch nehmen. Es muss ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, um die Kinder daheim zu behalten. Von Grund auf falsch ist hingegen die Entscheidung, bei der Abrechnung die Kommunen und Träger von Einrichtungen zu belasten. Zum wiederholten Male wälzt der Freistaat eine klar definierte staatliche Aufgabe, die er zudem selbst geschaffen hat, auf die kommunale Ebene ab. Es waren nicht die Städte und Gemeinden, die den erneuten Lockdown - der zweifelsohne richtig ist - angeordnet und verlängert haben, sondern die Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin. Das Konnexitätsprinzip besagt glasklar: Wer anschafft, bezahlt auch.

Der Freistaat ist ein Meister darin, sich diesem Prinzip zu widersetzen. Unrühmliche Beispiele, wie staatliche Aufgaben an die kommunale Ebenen weitergereicht werden, müssen nicht lange gesucht werden. Sie reichen von der Unterbringung von Schutzsuchenden über das Jagd- und Fischereirecht, die Kraftfahrzeugzulassung bis zum Katastrophenschutz. Den Kommunen jetzt noch eine weitere Belastung durch die Betreuungskosten aufzubürden, ist angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise unredlich. Denn diese treffen die Städte und Gemeinden hart.

© SZ vom 28.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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