Kommentar:Keine Struktur, kein Interesse

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Mit Unappetitlichkeiten verschreckt die AfD moderate Kräfte - und findet zu Recht kaum Kandidaten für die Kommunalwahl

Von Lars Brunckhorst

Dass die AfD auch im Landkreis München zur Kommunalwahl antritt, ist im Grunde keine Nachricht. Eine Nachricht wäre es gewesen, wenn sie es nicht täte. Die rechtspopulistische Partei findet inzwischen im ganzen Land genügend Anhänger, um in Parlamente und Stadträte zu drängen, sodass es einer Sensation gleich gekommen wäre, wenn sie in München-Land hätte passen müssen. Bei den jüngsten Wahlen hatte sie auch hier immerhin zwischen sieben und neun Prozent eingefahren. Wählerpotenzial wäre also da.

Dass es der Partei trotzdem nicht gelingt, zur Wahl am 15. März flächendeckend im Landkreis anzutreten, spricht Bände. Der AfD fehlen auch sieben Jahre nach ihrer Gründung außerhalb Münchens Strukturen und Mitglieder. Zudem fehlt ihr das Interesse an lokalen Themen und dem mühsamen Kleinklein der Kommunalpolitik. Wo konstruktiv und parteiübergreifend nach der Lösung von Alltagsproblemen gesucht werden muss, wie der Schaffung von Kita-Plätzen und bezahlbarem Wohnraum, gibt es wenig Raum für populistische Parolen und Stimmungsmache.

Statt jetzt in bekannter Opferrolle wieder Medien und anderen Parteien die Schuld daran zuzuschieben, dass man nicht genügend Kandidaten gefunden habe, sollte die AfD die Gründe lieber vor der eigenen Tür suchen. Dort würde sie dann etwa bei dem rassistischen Facebook-Post fündig, den einer ihrer Funktionäre vor Weihnachten über das Nürnberger Christkindl abgelassen hat. Oder bei Fotos, die ihren Bundestagsabgeordneten Gerold Otten Seite an Seite mit dem völkischen AfD-Rechtsaußen Björn Höcke zeigen. Mit solchen Positionierungen verschreckt die Partei moderate Kräfte. Wenn sie hinterher keine Leute findet, die bereit sind, ihr Gesicht für solche Unappetitlichkeiten hinzuhalten, brauchen sich die Parteioberen nicht zu wundern.

Die Zivilgesellschaft im Landkreis aber darf sich über diese örtliche Schwäche der AfD freuen: Indem sie dumpfen Parolen und hetzerischen Tiraden geschlossen entgegentritt, hat sie es geschafft, den Rechten keinen Zentimeter breit Platz zu machen.

© SZ vom 23.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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