Kommentar:Integration braucht Teilhabe

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Ausländerbeiräte dürfen keine Alibi-Gremien sein. Sie müssen aufgewertet werden - durch Wahlen und finanzielle Unterstützung

Von Jana Treffler

Integrationsbeiräte sind meist beratende Gremien mit sehr geringen politischen Kompetenzen. Selten sind sie demokratisch legitimiert. Wieso auch, könnte man sich fragen, gewählt wird ja schon der Stadt- und Gemeinderat. Dass ein nicht vernachlässigbarer Teil der in unseren Kommunen lebenden Menschen gar nicht wählen darf, wird dabei unter den Tisch gekehrt. Es entsteht ein Demokratiedefizit, das durch kompetenzlose Beiräte in Feigenblattmanier kaschiert wird.

Nicht-EU-Bürger haben so nämlich keine Möglichkeit, einen Repräsentanten zu wählen, der ihre Interessen vertritt. Diese Menschen zahlen hier Steuern, haben hier zum Teil seit Jahren oder Jahrzehnten ihren Lebensmittelpunkt. Es wäre das Mindeste, dass sie einen Beirat wählen können, der durch Rede- und Antragsrecht im Stadtrat ihre Anliegen einbringen kann.

Das Argument der erfahrungsgemäß geringen Beteiligung bei solchen Wahlen darf hier nicht gelten - man stelle sich eine Bundestagswahl ohne Wahlkampf und Kampagnen vor, ohne Bekanntgabe der Kandidaten und ohne Fernsehduelle. Und das alles für ein Gremium ohne Entscheidungskompetenz, das von der Regierung, wenn überhaupt, ein schmales Budget bereitgestellt bekäme, mit dem es das jährliche Bürgerfest des Bundespräsidenten organisieren soll. Wie hoch wäre wohl dann die Wahlbeteiligung?

Das allgemeine Wahlrecht wurde in langen sozialen und politischen Kämpfen erfochten. Mal durften nur Männer über 40, mal nur jene, die bestimmte Steuern zahlten, lange Zeit nur Männer an die Urne. Das Wahlrecht ist eines der zentralen politischen Rechte. Und zudem ist es ein äußerst symbolträchtiges Recht. Es ist ein Zeichen dafür, dass jene, die wählen dürfen, als gleichwertige Mitglieder der Gemeinschaft, als vollwertige Bürger anerkannt sind.

Ein gewählter Integrationsbeirat kann also auch nur ein Schritt auf dem Weg zur vollständigen Demokratie sein. Trotzdem wäre es ein wertvoller Schritt, diese Beiräte anzuerkennen und ihnen die nötigen Kompetenzen und Geldmittel zuzugestehen - und so die Feigenblätter fallen zu lassen und aus Alibi-Gremien wirkungsvolle politische Institutionen zu machen. Partizipation ist der Grundstein für gelungene Integration.

© SZ vom 17.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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