Kommentar:Ignorante Städter

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Für viele Münchner Stadträte ist Aying nur ein Kaff weit draußen auf dem Land. Diese Arroganz spiegelt sich auch im jüngsten Beschluss zum Ausbau der S7 wider - zu Unrecht

Von Martin Mühlfenzl

Für den Münchner liegt Aying gefühlt ja fast schon in Tirol - wenn er überhaupt schon einmal etwas vom malerischen Ort im südöstlichsten Zipfel des Landkreises gehört hat. Für einen Münchner Stadtrat - und der hat den Namen sicher schon einmal vernommen - ist Aying indes nur ein vernachlässigbarer Punkt auf der rostbraun eingefärbten S 7 im Netzplan der S-Bahnen. Ein Kaff, irgendwo weit draußen, das ohnehin kaum jemand freiwillig ansteuert - infolgedessen auch nicht von dort Richtung Innenstadt fährt.

Diese Argumentation - etwas gewählter ausgedrückt - macht sich auch die Deutsche Bahn zu eigen. Auf dem sogenannten Ost-Ast, also der S 7 über Neuperlach-Süd, Ottobrunn, Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Aying bis Kreuzstraße, seien eben viel zu wenig Fahrgäste unterwegs, um einen zweigleisigen Ausbau zu rechtfertigen. Ein Zehn-Minuten-Takt sei daher auch nicht notwendig. Eine Sichtweise, die die schwarz-rote Mehrheit im Münchner Rathaus übrigens teilt und dementsprechend die Opposition mit einem Antrag zum Ausbau der Strecke hat auflaufen lassen. Dass die Politiker des Landkreises - auch die Kollegen aus denselben Parteien - in dieser Frage ganz anderer Meinung sind, ist den Parteifreunden in München gelinde gesagt wurscht. Das hat freilich mit einem nicht zu unterschätzenden Maß an Ignoranz der Region gegenüber zu tun - und einer bewusst in Kauf genommenen Unwissenheit über die Probleme in den Landkreisen.

Denn natürlich gehört die S 7 mittlerweile zu den wichtigen Trassen für Arbeitnehmer, insbesondere aus der Stadt heraus. Was früher einmal galt - dass mehr Menschen in die Stadt pendeln als entgegengesetzt - hat sich dank der Wirtschaftskraft des Landkreises München längst ins Gegenteil verkehrt. Das Votum für einen Ausbau wäre ein wichtiges Signal der Landeshauptstadt an den Landkreis gewesen, ein respektvolles obendrein. Mit ihrer nichtssagenden Absichtserklärung aber haben CSU und SPD in München der Deutschen Bahn wieder einmal Argumente geliefert, ja nicht handeln zu müssen. Zumindest nicht weit draußen auf dem Land.

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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