Kommentar:Höhenkirchen braucht einen Plan

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Die Gemeinde muss Möglichkeiten finden, ihren ganz eigenen Charakter zu behalten - auch mit moderner Architektur

Von Bernhard Lohr

An manchen Orten im Münchner Umland lässt sich erahnen, was über Jahrzehnte verloren gegangen ist. Ein Beispiel ist der Bereich um den Gasthof Inselkammer in Siegertsbrunn. Das Wirtshaus selbst ist ein stolzer, schmuck restaurierter Bau, rechts wird es flankiert von der Kirche Sankt Peter. Mächtige Bäume stehen da, und über eine Wiese hinweg fällt der Blick auf alte Bauernhäuser. Wer das Ensemble sieht, kann den Charme ermessen, den viele Ortschaften rund um München hatten.

Doch aus den Bauerndörfern sind moderne Siedlungen geworden, mit Mietshäusern, Gewerbegebieten, Geschäftshäusern und Schulzentren. Die Entwicklung hat zuletzt an Fahrt aufgenommen. Und wenn nicht alles täuscht, steht das Land um München an der Schwelle zu einer noch dramatischeren Veränderung. Mit dem Zuzug wächst der Druck: Es wird gebaut werden auf Teufel komm raus.

Vor diesem Hintergrund sind innerhalb kurzer Zeit in Höhenkirchen-Siegertsbrunn Gemeinderäte zwei Mal erschrocken zusammengezuckt, weil Architekten Entwürfe für modern anmutende Gebäude vorlegten. Mancher sorgte sich wegen eines Flachdachs und eines fehlenden Dachüberstands ums Dorfbild. Es ging darum, ob sich so ein Bau einfügt.

Solche Diskussionen sind wichtig. Allerdings wäre es gut gewesen, die Gemeinderäte hätten sich längst schon mal darauf verständigt, wie ihr Ort aussehen soll. Manche Bausünde hätte man sich erspart. Und manches, den Ortscharakter prägende Gebäude wäre vielleicht erhalten geblieben. Ein Glücksfall ist, dass das Landesdenkmalamt die alte Apotheke als schutzwürdig eingestuft hat.

Es ist noch nicht zu spät für eine Grundsatzdebatte. Die ist sogar notwendig, wenn die Gemeinderäte nicht weiter von Einzelfall zu Einzelfall entscheiden wollen. Höhenkirchen-Siegertsbrunn braucht einen Plan. Dabei ist die Vielfalt in der Gemeinde zu berücksichtigen. Eine Ortsgestaltungssatzung wie in Oberhaching ist nicht mehr umsetzbar. Doch man könnte Leitlinien formulieren, welche Bauformen in welchen Gebieten vorstellbar sind. Zu wünschen wäre, dass es die Gemeinderäte auf diese Weise schaffen, den Charakter ihres Orts zu bewahren - und den Mut aufbringen, mit qualitätvoller, moderner Architektur auch mal Kontrapunkte zu schaffen.

© SZ vom 18.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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