Kommentar:Gerechter Lohn als Anreiz

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Wertschätzung für Auszubildende und deren Arbeit ist das eine - faire Bezahlung das andere

Von Martin Mühlfenzl

Der Landkreis ist ein immer weiter wachsendes Wirtschaftswunderland. Eine Boomregion mit drei Dax-Unternehmen, mehr als 220 000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen und mehreren Hochschulstandorten. Es scheint so zu sein, als wäre dies ein gesegneter Landkreis. Doch der äußere Schein trügt. Und so sind es vor allem Wirtschaftsvertreter, die Alarm schlagen und den Wohlstand in Gefahr sehen - denn der Fachkräftemangel bedroht den Erfolg der Unternehmen. Vor allem das anhaltende Defizit an Auszubildenden.

Dass es den Unternehmen schwer fällt, geeignete Bewerber für einen Ausbildungsplatz zu finden, liegt an der besonderen Bevölkerungsstruktur: Die Übertrittsquote von den Grundschulen auf die Gymnasien liegt im Bildungsbürger-Landkreis München konstant um die 60 Prozent. Abitur und anschließend ein Studium. Für die allermeisten Kinder und Jugendlichen - und vor allem deren Eltern - scheint dieser Weg vorprogrammiert zu sein. Einen Ausbildungsberuf zu ergreifen, ist für viele schlichtweg zu unattraktiv. Angela Inselkammer, Vorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, beklagt daher mangelnde Wertschätzung für Mitarbeiter und Auszubildende. Diese Klage verbindet sie mit einer ebenso richtigen Forderung an die Landespolitik: Es braucht ein flexibleres Arbeitszeitgesetz. Dabei darf es aber nicht bleiben; denn zur Attraktivität eines Ausbildungs- und Arbeitsplatzes gehört auch eine entsprechende Bezahlung. Auch und gerade im so reichen Landkreis München müssen Azubis und Angestellte von ihrem Lohn leben können - daran müssen sich Wirtschaft und Politik gleichermaßen messen lassen.

Es gibt aber auch eine gute Nachricht: die steigende Zahl an Flüchtlingen, die bei einem der Betriebe im Landkreis eine Ausbildung beginnt. Die Unternehmen sehen diese Menschen als Chance - und geben ihnen auch eine. Die Staatsregierung sollte diesen Mut anerkennen und den Auszubildenden und Firmen die Sicherheit garantieren, dass die Bemühungen nicht umsonst sind. Und die Menschen eine Bleibeperspektive erhalten.

© SZ vom 16.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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