Kommentar:Gemeinsame Zukunft

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Der Dienstagabend in Aschheim hat das ganze Dilemma der Flüchtlingsdebatte offenbart: die Regierungsvizepräsidentin kann Bedenken nicht ausräumen, die sich viele Anwohner gar nicht erst nehmen lassen wollen

Von Martin Mühlfenzl

Die Bürger einer Gemeinde mit etwas mehr als 8000 Einwohnern werden mit der Aussicht konfrontiert, über Jahre hinweg mehrere tausend Flüchtlinge aufnehmen zu müssen. Den Menschen in Aschheim und insbesondere im Ortsteil Dornach steht dies bevor; die Regierung von Oberbayern wird dort eine Erstaufnahmeeinrichtung für Schutzsuchende errichten - für mindestens eine Dekade. Sie haben bei dieser Entscheidung kein Mitspracherecht, sie werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Das ändert aber nichts daran, dass sie viele Fragen haben - und ein Anrecht auf Antworten.

Die Informationsveranstaltung der Gemeinde am Dienstagabend offenbarte aber das ganze Dilemma der Flüchtlingsdebatte: Eine stellvertretende Regierungschefin, der inhaltlich kein Fehler angelastet werden kann, der es als Verwaltungsexpertin aber nicht gelingt, Bedenken gegenüber Flüchtlingen im Allgemeinen und Unterkünften in den betroffenen Orten im Besonderen auszuräumen. Bürger, die solche Bedenken ihrer eigenen Nachbarn nicht ernst nehmen wollen - und Bürger, die nicht gewillt sind, sich ihre Sorgen durch Argumente nehmen zu lassen. Und der Moderator einer Veranstaltung, der die Bühne als seine eigene versteht, sich in den Vordergrund spielt und sich - in weiten Teilen der Veranstaltung - auf eine Seite schlägt. Tom Meiler, der wortbegabte Blickpunkt-Sport-Moderator im Bayerischen Fernsehen, ist seiner eigentlichen Aufgabe, die Diskussion zu dirigieren, nicht gerecht geworden. Er hat sich allzu oft zum Wortführer aufgeschwungen. Und dadurch nicht zuletzt die Regierungsvizepräsidentin Maria Els öffentlich brüskiert.

Die Debatte um die Flüchtlingsunterkünfte in Dornach erfordert aber keinen meinungsstarken Sportmoderator, der die Richtung vorgeben will. Die Aschheimer und Dornacher werden ihre Zukunft nur gemeinsam gestalten können - und sie werden sie nur mit den Flüchtlingen in ihren Ortsteilen aufbauen können. Sie werden über ihre Ängste und Hoffnungen reden, sie werden einander zuhören müssen. Dann werden sie auch Antworten finden. Denn sie haben die Entscheidung, ob eine Flüchtlingsunterkunft kommt, nicht mehr in der Hand.

© SZ vom 17.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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