Kommentar:Gefährlicher Populismus

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Die Haarer CSU mag die Unterschriftenaktion für die Realschule in Haar als Erfolg empfinden, aber sie lässt wesentliche Tatsachen außer Acht und ist dem Klima in der Gemeinde und der Sachdiskussion nicht förderlich

Von Bernhard Lohr

Die CSU in Haar betreibt ein gefährliches Spiel. Sie bewegt sich mit ihrer Unterschriften-Sammlung für die Ansiedlung einer Realschule an der Grenze demokratischer Gepflogenheiten. Sie hat keine Grundlage für ihr Vorgehen. Sie strebt keinen Bürgerentscheid an, weil der rechtlich mangels Zuständigkeit der Kommune nicht möglich wäre. Niemand der Unterzeichner weiß, was mit den Unterschriften geschieht. Werden sie der Bürgermeisterin überreicht, oder dem Landrat? Landen die Listen im Keller des Ortsvorsitzenden in einer Kiste? Das alles ist unklar und - das entlarvt die Absichten - der CSU auch egal. Denn sie hat ihr Ziel mit ihrer populistischen Aktion längst erreicht.

Die CSU lechzt in Haar nach Anerkennung wie in kaum einer anderen Gemeinde im Münchner Umland. Sie hat Jahre der Bedeutungslosigkeit unter SPD-Bürgermeister Helmut Dworzak durchlebt. Und sie dringt auch unter dessen Nachfolgerin Gabriele Müller selten durch. Die CSU pochte kürzlich in den Haushaltsberatungen darauf, mehr Geld für vorbereitende Arbeiten vorzusehen, die mit einer Realschul-Ansiedlung einhergehen. Planer müssen schließlich Standortoptionen untersuchen und Architekten Entwürfe zeichnen. Doch Bürgermeisterin und SPD wiesen das Ansinnen unter Verweis auf Investitionen in Grundschule und Wohnungsbau zurück. Die CSU lehnte daraufhin erstmals den Haushaltsplan ab. Jetzt kam die Retourkutsche, mit der die CSU das Heft des Handelns wieder in der Hand hält. So fragt die CSU derzeit Bürger auf der Straße, ob sie eine Realschule am Ort wünschen. Die Antwort ist klar. Alle unterzeichnen fleißig. Die Freien Wähler sagen ihre Unterstützung zu. Und sogar die Grünen-Vorsitzenden in Haar lassen sich von der parteitaktischen Aktion mitreißen und erklären, sie fänden es toll, dass sich jemand für eine Realschule stark mache. Dabei gaukelt die CSU den Menschen etwas vor. Sie tut so, als wäre die Schulansiedlung nur eine Frage des Wollens. Sie gibt vor, einzige Fürsprecherin der Realschule zu sein. Und sie stellt die SPD an den Pranger. Der Erkenntnisgewinn tendiert dabei gegen null. Die CSU fördert damit nur die Politikverdrossenheit. Sie sollte die Aktion stoppen.

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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