Kommentar:Freie Fahrt für Radfahrer

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Die Politiker in der Region haben sich viel zu lange in ihren Limousinen zurückgelehnt. Endlich erkennen sie, wie man den Verkehrskollaps verhindern kann

Von Bernhard Lohr

Endlich wird über das Fahrrad anders diskutiert. Politiker in der Region München holen es gerade aus der Ecke, in der es viel zu lange stand. Bis heute sehen es viele vor allem als Freizeit- und Sportgerät an. Der Radlständer auf dem Autodach ist gerade so wichtig wie das Fahrrad selbst. Schließlich wollen die Menschen, die in einer derart schönen Region mit hohem Freizeitwert wohnen, bei jeder Gelegenheit raus in die Natur. Dabei wurde übersehen, dass das Fahrrad in einer Region, die angesichts einer wachsenden Bevölkerung auf den Verkehrskollaps zusteuert, gerade im Alltag seinen Wert hat.

Alle reden derzeit gerne übers Fahrrad und das Fahrradfahren. Sie bekennen sich zum Bau von Radwegen und Fahrradschnellwegen. Dabei kann man nur hoffen, dass es mehr als wohlfeile Worte sind, die da gesprochen werden. Denn als Vorreiter darf sich die Region München nicht fühlen. Die Niederländer, die Dänen und auch viele Kommunen im Norden und Westen der Republik sind längst weiter. Noch wird in München und im Umland über Konzepte gesprochen und es werden Studien in Auftrag gegeben. Stadtpolitiker, Landräte und Bürgermeister haben sich lange in ihren Limousinen zurückgelehnt. Das Fahrrad wurde als Verkehrsmittel nicht ernst genommen.

An einer entscheidenden Stelle hat sich bis heute an dieser Haltung wenig geändert. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat jüngst mit dem Bundesverkehrswegeplan gezeigt, wie er die Verkehrsprobleme mit dem Ausbau von Straßen lösen will. Wer weiß schon, dass es auch einen Nationalen Radverkehrsplan gibt. Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) hat gerade erst beklagt, dass die Bundesrepublik den dort gesteckten Zielen weit hinterherstrampelt. Angeblich sei sogar die Beliebtheit des Fahrrads als Verkehrsmittel rückläufig. Weniger Menschen als 2011 gäben an, dass ihnen Fahrradfahren Spaß macht.

Der ADFC hält es für besonders problematisch, dass zwei Drittel der Radfahrer das Fahrradfahren wegen des zu starken Verkehrs und fehlender Radwege für gefährlich halten. Das zeigt: Der Bau von Radwegen muss in den Kommunen auf Kreisebene sowie beim Land und beim Bund genauso ernsthaft verfolgt werden wie der Bau von Straßen. Dann geht etwas voran. Lippenbekenntnisse reichen nicht. Zur nächsten Verkehrskonferenz im Herbst erwarten die Landräte und Bürgermeister aus dem Münchner Norden Verkehrsminister Dobrindt. Da haben sie gleich den Richtigen am Tisch.

© SZ vom 22.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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