Kommentar:Falsch gebündelt

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Die ambulante und die stationäre Pflege sind künftig Aufgabe des Bezirks Oberbayern. Eine für den Landkreis günstigere und qualitativ bessere Lösung sähe anders aus

Von Martin Mühlfenzl

Die Pflege ist eines der großen Zukunftsthemen, das die ganze Republik umtreibt. Die Frage, ob es die Bundesregierung schafft, binnen kürzester Zeit Tausende benötigte Pflegekräfte auszubilden oder anzuwerben, beschäftigt die Bürger genauso wie jene, ob die eigene Großmutter oder der eigene Vater weiter zu Hause gepflegt werden kann. Die Zusammenlegung der ambulanten und stationären Pflege im Freistaat in eine Hand ist eine richtige Antwort auf eine der drängenden Fragen; die bayerischen Bezirke mit dieser Aufgabe zu betrauen, ist allerdings der unglücklichere von zwei komplexen Wegen.

Dies gilt in besonderem Maße für den Landkreis München. Bisher nimmt der bevölkerungsreichste aller bayerischen Kreise für die ambulante Versorgung von etwa hundert Menschen im Jahr 1,9 Millionen Euro in die Hand. Mit der Übertragung dieser Aufgabe auf den Bezirk Oberbayern explodiert diese Summe auf nahezu zehn Millionen Euro. Der Landkreis hat sich deshalb lange Zeit gegen diese Reform gewehrt. Er musste sich aber einer politischen Entscheidung beugen, von der etwa die Landeshauptstadt München mit ihren mehr als 3200 Menschen in ambulanter Pflege profitieren wird. Die Stadt zahlt künftig weniger als bisher.

Der Umverteilung bei der Finanzierung der Pflege liegt das Solidaritätsprinzip zugrunde: Der reichste aller Kreise mit einer Milliarde Euro Umlagekraft muss mehr bezahlen. Dagegen ist prinzipiell nichts einzuwenden - allein die bisher sehr geringe Zahl der Fälle im Landkreis lassen erhebliche Zweifel daran aufkommen, dass der Weg in die umlageorientierte Verteilung der richtige ist.

Vielmehr wäre es vor allem aus Gründen der besseren Planbarkeit sinnvoller gewesen, beide Formen der Pflege - die ambulante und die stationäre - in die Verantwortlichkeit der Landkreise und kreisfreien Städte zu geben. Denn dort können die zuständigen Mitarbeiter mit all ihrer Erfahrung sowie dem engen und intensiven Kontakt mit Betroffenen, Hilfsdiensten und Wohlfahrtsverbänden schneller die richtigen Entscheidungen treffen. Das wäre zukunftsweisend für die Pflege gewesen.

© SZ vom 23.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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