Kommentar:Es ist was in Bewegung

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Die CSU bleibt stärkste Kraft, aber die Wähler-Verschiebungen im Landkreis ziehen immer weitere Kreise

Von Lars Brunckhorst

Die Wahl vom Sonntag hat im Landkreis München ein seltsames Ergebnis hervorgebracht: Die Verlierer sind erleichtert, die Sieger wurden enttäuscht. Trotz massiver Verluste bleibt die CSU zwischen Aying und Unterschleißheim stärkste Kraft und ihr Abgeordneter Florian Hahn Vertreter des Wahlkreises in Berlin; SPD und Grüne legten zwar kräftig zu, doch ihre Direktkandidaten nahmen sich gegenseitig aus dem rot-grünen Milieu Stimmen weg, sodass sie am Ende nur um Platz, nicht um Sieg kämpften. Unterm Strich also alles wie gehabt?

Mitnichten. Die CSU ist mit 30 Prozent nur noch eine stinknormale Partei und ihr Abgeordneter Hahn muss mit den Jahren zusehen, wie sein ehemals dickes Erststimmenpolster von Wahl zu Wahl dahin schmilzt wie ein Eisberg durch die Klimaerwärmung. Nur noch ein gutes Drittel der Wähler will ihn als Vertreter in Berlin. Dass sich Hahn wie schon 2017 immer noch besser schlägt als seine Partei, mag Lohn für seine Präsenz im Wahlkreis sein; ob es in vier Jahren ausreicht, Förderschecks herumzureichen und bei jedem Burschenfest dabei zu sein, wird sich zeigen.

Natürlich sind die lokalen Wahlergebnisse vom Sonntag stark von bundesweiten Faktoren beeinflusst worden: dem schwachen Unionskandidaten Laschet, den Fehlern der Grünen Baerbock und der überraschenden Popularität des Sozialdemokraten Scholz. Die Ergebnisse haben aber auch ganz lokale Gründe: So wird der eher städtische, wachstumskritische Anteil der Bevölkerung auch am Stadtrand immer größer, weshalb die Grünen ihr Wählerpotenzial innerhalb von vier Jahren stark ausbauen konnten und den Liberalen erfolgreich den zweiten Rang, auf dem diese 2017 im Landkreis überraschend gelandet waren, streitig machen. Der SPD wiederum fehlt rund um München die Klientel, als dass der Scholz-Effekt hier stark genug ziehen konnte. Die Bevölkerungsstruktur im Speckgürtel ist auch der Grund, warum die Linken bedeutungslos bleiben. Und die AfD, das ist der schönste Begleitaspekt des Wahlabends, kratzt hierzulande an der Fünf-Prozent-Hürde.

© SZ vom 27.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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