Kommentar:Erst informieren, dann kritisieren

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Nachbarn einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Ottobrunn äußern ihren Unmut - ohne die Fakten zu kennen

Von Martin Mühlfenzl

An diesem Mittwoch suchen Landrat Christoph Göbel und Bürgermeister Thomas Loderer im Ottobrunner Wolf-Ferrari-Haus den Dialog mit den Bürgern. Sie wollen die Ottobrunner über eine geplante Siedlung für Flüchtlinge informieren - sie wollen sie aber auch zu Wort kommen lassen. Das ist schließlich Sinn und Zweck eines Dialogs. Der Hang zum Monolog wird Politikern schließlich allzu oft vorgeworfen.

Wenn Göbel und Loderer am Mittwoch also vor die Bürger treten, können sie allerdings gleich auf eine Haltung bezüglich der Unterkünfte für Asylbewerber reagieren. Denn in einem Brief haben zahlreiche Ottobrunner - die meisten Nachbarn des betroffenen Areals - bereits vor der Veranstaltung ihrem Unmut über die Pläne der Gemeinde Luft gemacht. Noch ehe die politisch Handelnden die Chance hatten, ihr Vorhaben einer transparenten und frühzeitigen Informationspolitik umzusetzen. Es gehört aber zum Wesenskern auch und gerade der Kommunalpolitik, dass Gemeinde-, Stadt- und Kreisräte gemeinsam in den dafür vorgesehenen Gremien nach praktikablen Lösungen suchen. Zu ihrer Verantwortung gehört es, sich dabei nicht von momentanen Stimmungslagen beeinflussen zu lassen; ansonsten würde Politik zum Spielball persönlicher Befindlichkeiten.

Selbstverständlich sollen und müssen Bürger ihr Recht wahrnehmen, auf Missstände hinzuweisen. Es gehört zum Recht auf freie Meinungsäußerung, Planungen und Beschlüsse der Politiker kritisch zu hinterfragen und auf mögliche Alternativen hinzuweisen. Dies aber muss im Dialog passieren und die Informationsveranstaltung ist hierfür die richtige Bühne. Die Kritiker der Unterkunft hätten die Reihenfolge des politischen Diskurses einhalten sollen - und sich erst von Göbel und Loderer en détail informieren lassen. Noch hat der Gemeinderat keine Entscheidung getroffen; er ist nur seiner Verantwortung gerecht geworden, Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

© SZ vom 12.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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