Kommentar:Endliches Wachstum

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Aktuelle Wirtschaftsdaten belegen einmal mehr die Sonderstellung des Landkreises München. Doch die Frage nach der Grenze des Aufschwungs steht im Raum.

Von Martin Mühlfenzl

Der Deutsche vertraut fast blind auf die Mär vom ewigen Wachstum - und bekommt regelmäßig Schnappatmung, wenn die neueste Wachstumsprognose einem Wert von nur noch einem Prozent entgegen taumelt. Immer weiter, immer mehr, immer schneller. Der ökonomische Erfolg scheint gerade im Wirtschaftswunderland Landkreis München kein Ende zu finden; ein Rekord jagt den nächsten. Und doch ist alles endlich - ewig sind nur die sprichwörtlichen Jagdgründe.

Wohin wird die Reise des bevölkerungsreichsten und wirtschaftsstärksten Landkreises im Freistaat gehen? Wo wird sie enden? Mehr als 200 000 sozialversicherungspflichtige Jobs gibt es in den 29 Städten und Gemeinden. Drei Dax-Unternehmen stehen beispielhaft für den guten Ruf als optimaler Firmenstandort. Der erfolgreiche Mittelstand garantiert Wohlstand und Sicherheit. Und während Wirtschaftsanalysten und Statistiker die Vorzüge des Landkreises preisen, zerbrechen sich die Kommunalpolitiker den Kopf darüber, wie sie den Menschen, die hier leben oder hierher ziehen, ein normales und vor allem bezahlbares Leben überhaupt noch ermöglichen können. Sie suchen nach möglichst sinnhaften und machbaren Maßnahmen im öffentlichen Nahverkehr. Sie investieren Millionen Euro in neue Kitas und Krippen - und verzweifeln allzu oft daran, dass das viel beschworene Wachstum gerade beim Wohnungsbau viel zu früh ein Ende zu finden scheint.

Mehr als 390 000 Einwohner sollen im Jahr 2035 im Landkreis wohnen. Das wäre ein Zuwachs von etwa 50 000 zum heutigen Stand. Allein der Wohnungsbau hält mit dieser rasanten Entwicklung bei weitem nicht mit. Die Kommunalpolitik ist in einer immer komplexeren Welt in der Pflicht, einfache Lösungen anzubieten, selbst großflächig und massiv in den Bau neuer Wohnungen zu investieren - und vor allem bei den Mietpreisen einen Deckel drauf zu setzen. Das wäre ein wünschenswertes Ende eines enthemmten Wachstums.

© SZ vom 07.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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