Kommentar:Elitäres Denken

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Die Absage Höhenkirchen-Siegertsbrunns an eine Pflegeschule sagt viel über die mangelnde Wertschätzung für soziale Berufe

Von Martin Mühlfenzl

Gegenwärtig erlebt der Landkreis einen nie da gewesenen Aufschwung im Bildungsbereich. Mit millionenschwerem Aufwand werden von Unterschleißheim, Unterföhring, Ismaning über Ottobrunn bis Grünwald weiterführende Schulen neu gebaut und bestehende saniert; im Osten wird über das nächste Gymnasium debattiert und in Haar soll eine Realschule her. Mitten in diesen Boom hinein entscheidet sich der Gemeinderat in Höhenkirchen-Siegertsbrunn gegen eine Ausbildungsstätte für die Altenpflege.

Diese Entscheidung hat viel mit der allgemeinen Ausrichtung im Bildungsbereich zu tun: In einer derart reichen Region hat sich fast zwangsläufig die Haltung durchgesetzt, der Weg der eigenen Kinder könne nur noch aufs Gymnasium führen und danach auf die Universität. Als absolute Notlösung noch auf die Realschule und die Fachhochschule. Der Beschluss offenbart aber im Speziellen eine Geringschätzung der Pflegekräfte - egal ob in der Alten-, Behinderten- oder Kinderpflege. Was also kann eine Schule wie jene, die das Kuratorium Wohnen im Alter (KWA) in Höhenkirchen-Siegertsbrunn gerne aufgebaut hätte, schon wert sein? Nichts - sagen jene, die das Projekt nun abgelehnt haben. Viel - hätte die richtige Antwort lauten müssen.

Bürgermeisterin Ursula Mayer, die der Entschluss in einer gewissen Schockstarre zurückließ, hat früh verstanden, dass eine Pflegeschule eine sehr sinnvolle Ergänzung zur eigenen Mittelschule gewesen wäre - und das KWA eine gravierende Lücke im Pflegebereich des Landkreises hätte schließen können. Die Mehrheit, angeführt von SPD und Grünen, hingegen hat in elitärer Manier eine Pflegeschule als "Kür" abgetan. Es ist schon erstaunlich, dass sich gerade dieses Bündnis einer nachhaltigen Investition im sozialen Sektor derart verschließt. Und es sagt viel über die Wertschätzung der sozialen Berufe und jener aus, die diese auch im Landkreis München vielleicht noch ergreifen möchten.

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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