Kommentar:Eine Reform muss her

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Der Rechtsstreit zwischen dem kommunalen Energieversorger und der Bayernwerk AG um das Pullacher Stromnetz ist die Konsequenz einer verqueren Gesetzeslage

Von Stefan Galler

Der Ärger von Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund ist nachvollziehbar: Da wollen die Pullacher die Kommunalisierung ihres Stromnetzes anpacken, absolvieren ein nach ihrer Aussage absolut wasserdichtes Ausschreibungsverfahren, erzielen dann auch noch das gewünschte Ergebnis - und doch kann die Innovative Energie für Pullach GmbH (IEP) nicht loslegen. Weil der vormalige Inhaber des Netzes zu viel Geld für die Ablöse verlangt und darüber hinaus auch noch eine Erlösobergrenze an die IEP weitergeben will, die einen wirtschaftlichen Betrieb unmöglich macht.

Tausendfreund hat recht, wenn sie die Gesetzeslage kritisiert: Wieso sollte ein Stromkonzern bei Verlust einer Konzession seinem Nachfolger die Konditionen des Übergangs aufs Auge drücken können? Vielleicht ist diese Regelung noch der Lobbyarbeit der Großkonzerne geschuldet, die bis zur Fukushima-Katastrophe vom Atomstrom mächtig profitierten und mit den politischen Entscheidungsträgern in bester Koexistenz standen. Dann kam die Ankündigung des Ausstiegs durch die Merkel-Regierung - und bei Stromriesen wie Eon, zu dem der Pullach-Widersacher Bayernwerk AG gehört, der Katzenjammer. Seit die Energiewende ausgerufen wurde, sind die Geschäfte der Konzerne keine Selbstläufer mehr, der Kampf um Konzessionen hat sich verschärft.

Und so wird mit Haken und Ösen gekämpft, wie etwa in Pullach, wo Bayernwerk einen deutlich höheren Kaufpreis verlangt als der Wert des Netzes beträgt. Der Gesetzgeber muss hier für klare Verhältnisse sorgen, beispielsweise indem eine staatliche Stelle, etwa die Bundesnetzagentur, für die Bewertung von Stromnetzen bei einem Wechsel des Betreibers grundsätzlich zuständig ist.

Andererseits kann man verstehen, dass sich ein privates Unternehmen wie die Bayernwerk AG vom Pullacher Gemeinderat übervorteilt wähnt, wenn die Ausschreibung die eigene kommunale Gesellschaft in den Sattel hievt. Da können die Gemeindevertreter noch so oft beteuern, dass alles transparent abgelaufen ist. Abhilfe würde ein Erstzugriffsrecht für jene Kommunen schaffen, die es sich zutrauen, die Stromversorgung selbst zu stemmen. Bisher haben die Gemeinden nur das Recht, alle 20 Jahre eine neue Konzession zu vergeben, aber eben erst nach einem Bieterverfahren.

Nun ist es am Landgericht München, den Fall genauer unter die Lupe zu nehmen. Und an den Politikern in Berlin, Kommunen den Weg zum eigenen Stromnetz zu erleichtern.

© SZ vom 08.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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