Der große Altkanzler Helmut Schmidt hat sich nicht oft geirrt; mit seinem Hinweis, bei akuten Visionen müsse man zum Arzt gehen, aber schon. Vielmehr sollten diejenigen, die echte Visionen entwickeln, zu den Bürgern gehen - sie ihnen detailliert darlegen, sie mitnehmen und einbinden. Dann kann aus einem Zukunftstraum auch Realität werden - und aus der Energievision im Landkreis eine tatsächliche Energiewende.
Über Jahre hinweg war die vor beinahe zehn Jahren aufgesetzte Energievision des Landkreises unbestreitbar im Wortsinn ein reines Trugbild. Eine wortreich ausformulierte Wunschvorstellung, die von den Kreispolitikern aber kaum ernsthaft vorangetrieben wurde. Und die Bürger hat das Konzept ohnehin nie wirklich erreicht. Eine echte Energiewende, ein von fossilen Brennstoffen unabhängiger Landkreis kann aber nur dann Realität werden, wenn die Bürger Teil des Prozesses sind - wenn sie aktiv an der Umstellung partizipieren. Der Partnerlandkreis Steinfurt in Nordrhein-Westfalen hat dem Landkreis München jetzt eine echte Lehrstunde zum Thema Professionalisierung der Energiewende erteilt. Dort kümmern sich 17 festangestellte Mitarbeiter im Landratsamt um alle Belange der dortigen Energievision - 17 Mitarbeiter, die zu großen Teilen über Förderprogramme kofinanziert werden und vor allem das so wichtige Netzwerk aus Bürgern, Politik, Bildung und Wirtschaft pflegen und weiter ausbauen.
Der Steinfurter Erfolg lässt sich - ganz im Gegensatz zum Landkreis München - in nackten Zahlen bemessen: 800 Geothermie-Projekte gibt es in der Region, zusätzlich 250 Windenergie-Anlagen, sogar drei Bioethanol-Tankstellen stehen im Kreisgebiet. Weil Pläne dort nach ihrer Ausarbeitung nicht in Schubladen verstaubten, sondern mit den Bürgern gemeinsam umgesetzt worden sind. Was in Steinfurt einst eine Vision war, ist heute längst gelebte Realität.