Kommentar:Ein Fliegenschiss für die Kultur

Lesezeit: 1 min

Der Garchinger Stadtrat pocht bei einem lobenswerten Theaterprojekt kleinlich auf seine Zuschussrichtlinien. Höchste Zeit, das Regelwerk zu ändern

Von Gudrun Passarge

Was wäre eine Kommune ohne ihre Vereine und die vielen Freiwilligen, die ihren Feierabend opfern, um anderen etwas beizubringen? Oder um anderen zu helfen. Oder auch, um ihnen Freude zu bereiten. Die Kommunen wissen um dieses Kapital und sie würdigen es meist dementsprechend. So auch in Garching. In den vergangenen zwei Jahren sind viele Bauprojekte auf den Weg gebracht worden, um die Trainingssituation von Sportvereinen und die Kultur des Vereinslebens in eigenen Räumen zu fördern. Mehr als zwei Millionen Euro wurden dafür in den Haushalt eingestellt.

Und dann das: Da kommt ein kleiner Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, einen festen Theaterort für Kinder in Garching zu schaffen. Unterstützung von der Stadt? Ein Probenraum ohne Heizung, den die Vereinsmitglieder mit viel Mühe vom Schutt befreit haben. Ein Anfang, immerhin, aber Geld? Fehlanzeige. 6000 Euro als einmalige Unterstützung hatte der Verein Thea gefordert, doch die Stadt windet sich. Zu groß ist die Sorge, es könnte ein Präzedenzfall geschaffen werden. Stattdessen sollen die Vereinsmitglieder pro Nase die übliche Vereinsförderung beantragen. Was sich für einen Verein mit 500 oder 2000 Mitgliedern rechnet, würde einem Verein mit elf Garchingern gerade mal circa 77 Euro in die Kasse spülen. Nicht mehr als ein Fliegenschiss für die Kultur - und ein fatales Zeichen. Dabei haben es die Stadträte doch selbst in der Hand zu bestimmen, nach welchen Kriterien Vereine Geld bekommen. Sie können festlegen, was gefördert wird und was nicht.

Stures nach Nase abrechnen kann kaum eine Lösung sein, wenn ein Interesse an vielversprechenden Projekten besteht. Und bedauerndes Schulterzucken, dass einem ja nichts anderes übrig bleibe, um Präzedenzfälle zu vermeiden, wirkt wie das Eingeständnis eigener Ohnmacht. Höchste Zeit, dass die Stadtpolitiker ihr Regelwerk überarbeiten, was auch einige schon gefordert haben. Schließlich geht es um eine lebendige Vielfalt, um Bürger mit Ideen und dem Willen, etwas aufzubauen. Das hätte allemal eine Anschubfinanzierung ohne Umwege verdient. Die Wissenschaft ist in Garching schon zu Hause. Bei der Kultur muss es sich noch weisen.

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: