Kommentar:Ein fatales Signal

Lesezeit: 1 min

Der Verkauf ehemaliger GBW-Wohnungen bestätigt, was Kritiker der Privatisierung befürchtet haben

Von Sabine Wejsada

Jetzt also Neubiberg. Was seit dem umstrittenen Verkauf von insgesamt 33 000 GBW-Wohnungen durch die Landesbank im Jahr 2013 an die Patrizia AG vor allem die Münchner Mieter umtreibt, zeigt sich nun auch außerhalb der Stadtgrenze: In der Landkreisgemeinde geht die Angst um, weil 117 Wohnungen als Kapitalanlage feilgeboten werden. Und das nicht ohne Grund. Denn es ist anzunehmen, dass den Betroffenen im Ortsteil Unterbiberg nun das gleiche Schicksal droht wie vielfach an diversen Standorten innerhalb der Landeshauptstadt. Neue Besitzer, vermeintlich nötige Sanierung, saftige Mieterhöhung und erzwungener Auszug, weil das Wohnen dann unbezahlbar wird. Sozialcharta hin oder her.

Nur zu verständlich, dass Kritiker die Privatisierung der Wohnungsbaugesellschaft derzeit im GBW-Untersuchungsausschuss als den größten sozialpolitischen Fehler der bayerischen Staatsregierung in den vergangenen Jahrzehnten bezeichnen. Nichts belastet die Menschen in und um München mehr als die Furcht, ihre noch halbwegs bezahlbare Mietwohnung zu verlieren. Eine neue und vor allem finanzierbare Bleibe zu finden, ist meist so erfolgreich wie die sprichwörtliche Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Söder sei Dank.

Gerade in einer Region, die zwar zu den wirtschaftlich stärksten in Deutschland zählt, in der aber Erzieher und Pflegepersonal fehlen, Firmen Fachkräfte brauchen, die Tafeln in den Städten und Gemeinden seit Jahren enormen Zulauf erleben, Rentner und Alleinerziehende schauen müssen, wie sie über die Runden kommen, ist der gewinnbringende Weiterverkauf ehemaliger GBW-Wohnungen an zahlungskräftige Investoren ein fatales Signal für den ohnehin vollkommen überhitzten Wohnungsmarkt. Dass die betroffenen Mieter in Unterbiberg ein Vorkaufsrecht für ihre Wohnung haben, sei nur am Rande erwähnt. Kaum einer wird es sich leisten können, knapp eine halbe Million Euro für 83 Quadratmeter hinzulegen. So viel sollen drei Zimmer, Küche, Bad nämlich kosten.

© SZ vom 14.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: