Kommentar:Ein Armutszeugnis

Millionenprojekte und reiche Kommunen prägen das Bild vom Landkreis. Doch es gibt auch eine andere Wirklichkeit

Von Bernhard Lohr

Das Haarer Beispiel zeigt ein lange verdrängtes Problem im Landkreis München auf. Es gibt außer den reichen Nordkommunen und den Ausnahme-Gemeinden Grünwald und Pullach, in denen Kämmerer Fantasiesummen an Gewerbesteuer einnehmen, eine andere Wirklichkeit. Nicht, dass es Gemeinden wie Haar, Grasbrunn, Putzbrunn oder Hohenbrunn schlecht gehen würde. Doch in Haar kann womöglich keine Realschule gebaut werden, weil die Gemeinde es sich nicht leisten kann. So was dürfte nicht sein. Es ist ein Armutszeugnis für diesen Landkreis.

Dabei ist die Aufgabenstellung klar: Die Rathäuser sehen sich im Münchner Umland mit einer Wachstumsdynamik und deren Folgen konfrontiert. Die Erwartungshaltung ist groß. Wer ins Münchner Umland zieht, steckt viel Geld in ein Eigenheim oder in eine Mietwohnung und verlangt eine hochwertige Infrastruktur. Die Gemeinden müssen in die Kinderbetreuung, in Schulen und neuerdings auch wieder in den Wohnungsbau investieren. Landrat Christoph Göbel macht auf der Kreisebene nichts anderes. Er bringt den Schulbau voran. Zuletzt wurden in Grünwald, Taufkirchen und Ottobrunn beeindruckende Schulgebäude eröffnet, wie sie zu einer modernen, offenen, auf kluge Köpfe angewiesenen Gesellschaft passen.

So muss es auch sein in einer derart wirtschaftsstarken Region. Dass eben dort aber auch Gemeinden in den Abgrund blicken, weil Forderungen nach weiterführenden Schulen oder auch modernen Dreifachturnhallen auf den Tisch kommen, passt nicht ins Bild. Es ist Jammern auf hohem Niveau. Dennoch: Es herrscht ein Zwei-Klassen-System. Der Landkreis hätte, als vor kurzem die Entscheidung anstand, die Finanzierung der weiterführenden Schulen wieder ganz in seine Hand nehmen müssen.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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