Kommentar:Die Verlierer sitzen im Umland

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Die MVV-Tarifreform ist ungerecht und darf daher nicht in Kraft treten

Von Lars Brunckhorst

Wenn Landrat Christoph Göbel und Oberbürgermeister Dieter Reiter geglaubt haben, die MVV-Tarifreform sei geritzt, dann haben sie sich schwer getäuscht. Zwar mögen der Münchner Stadtrat und einige Kreistage, wie jene von Bad Tölz und Fürstenfeldbruck, dem Werk zugestimmt haben, aus dem bevölkerungsreichsten Landkreis im Verbundgebiet kommt dagegen zunehmend Kritik. Waren es Ende voriger Woche Stadt- und Gemeinderäte aus dem Norden des Landkreises München, die die Reform als "himmelschreiende Ungerechtigkeit" ablehnten, so kommt Anfang dieser Woche Protest aus dem Süden. Nach Unterschleißheim, Garching und Ismaning sehen sich auch die Sauerlacher als große Verlierer der Reform. In Kirchheim, Aying und Grasbrunn ist man ebenfalls nicht gut zu sprechen auf das, was im Münchner Rathaus und Landratsamt als großer Wurf verkauft wird.

Dem OB mag es vielleicht noch herzlich egal sein, wenn sie Woche für Woche im Umland über die "Frechheit" und "Unfähigkeit" des MVV schimpfen, dem Landrat aber kann das anhaltende Trommelfeuer nicht gleichgültig sein. Er wird in den Gemeinden maßgeblich für das als schlecht empfundene Verhandlungsergebnis verantwortlich gemacht. Und das wird nicht nur von einigen Berufsquerulanten und Dauernörglern als miserabel empfunden, sondern von ganz normalen, täglichen S-Bahn-Nutzern. Während es Reiter geschafft hat, dass die Reform für seine Münchner nur marginale Preissteigerungen zur Folge hat - bei einer deutlichen Vergrößerung des Innenraums - müssen Pendler aus dem Umland teils kräftig draufzahlen.

Wenn sich Monatskarten in vielen Fällen um 30 bis 50 Prozent verteuern, dann muss eine Reform schlicht als gescheitert bezeichnet werden. Wer jeden Tag mit der S-Bahn zur Arbeit fahren muss, wird nicht einsehen, warum er plötzlich viele hundert Euro im Jahr mehr zahlen soll, ohne dass sich das Angebot verbessert. Umgekehrt gibt es Pendler, die künftig in ähnlicher Höhe sparen. Auch das ist weder einzusehen, noch ist es verdient. Solange die Reform solche Ungerechtigkeiten beinhaltet, darf sie nicht in Kraft treten. Sonst würde sie den von den Politikern gesetzten Anspruch verraten: Den MVV-Tarif einfacher und gerechter zu machen.

© SZ vom 31.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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