Kommentar:Die Gemeinden stehen in der Pflicht

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Wenn sie einen Kita-Platz suchen, fühlen sich Eltern oft wie bei einem Glücksspiel. Das muss sich ändern

Von Bernhard Lohr

So schnell kann es gehen. Noch vor kurzem stand Ursula Mayer in der Kritik, weil in Höhenkirchen-Siegertsbrunn viele Eltern keinen Betreuungsplatz für ihr Kind bekamen. Jetzt ist ausgerechnet dort alles in bester Ordnung. Leicht zu verstehen ist das nicht. Die Bürgermeisterin hat keine Erklärung parat. Man habe halt Personal gefunden, sagt sie. Und so einfach ist es im Grunde auch: Drei, vier Erzieherinnen mehr oder weniger machen den Unterschied. Zwei Gruppen konnten vergangenes Kindergartenjahr nicht öffnen. 50 Plätze brachen so plötzlich weg.

Wenn das dann auch noch eine Kindertagesstätte betrifft, die gar nicht die Gemeinde betreibt, wird der Bürgermeister vollends zum Zaungast. Die Personalakquise liegt dann bei den freien oder kirchlichen Trägern der Einrichtungen. Vor diesem Hintergrund müssen sich Eltern, die sich im Landkreis München um einen Betreuungsplatz für ihr Kind bemühen, vorkommen, als würden sie Roulette spielen. Wie beim Glücksspiel stehen sie am Ende als Gewinner oder Verlierer da. Und im schlechtesten Fall ist es wie beim Glücksspiel: Keiner ist Schuld.

Doch so einfach dürfen es sich die Bürgermeister und Gemeinderäte nicht machen. Sie dürfen nicht alles darauf schieben, dass in der boomenden Region München Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen fehlen. Die Kommunen tragen formal die Verantwortung, den Rechtsanspruch auf Betreuung umzusetzen. Und sie haben mit Arbeitsmarktzulagen und mit dem Bau von günstigem Wohnraum auch Instrumente zur Hand, die heftig umworbenen Fachkräfte für die Kindertagesstätten in ihren Kommunen zu gewinnen. Außerdem haben sie einen Hebel in der Hand: Die Rathäuser entscheiden, welchem freien oder kirchlichen Träger sie eine Einrichtung überlassen. Sie können diese auch selbst betreiben und folglich die Personalakquise nach Wunsch offensiver betreiben. Im Zweifel sollten sie vermehrt auf kommunale Kitas setzen. Dann trifft das Lob oder die Schelte, die die Bürgermeister von ihren Bürgern sowieso ernten, wenigstens die richtigen.

© SZ vom 28.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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