Kommentar:Die Gefahr der Präsenz

Politiker müssen auf ihren Facebook-Seiten viel Unsinn ertragen - gerade fremdenfeindliche Posts sollten sie aber nicht dulden dürfen

Von Martin Mühlfenzl

Das Gute an Facebook sei, sagt der Kabarettist Marc-Uwe Kling, dass dort jeder seine Meinung kund tun kann. Schlimm daran sei, dass das auch jeder tut. Das gehört zur Freiheit in der Welt der sozialen Medien - und jedem steht es zu, den dort auf allen Kanälen verbreiteten Unsinn wahlweise zu ignorieren oder zu ertragen.

Für Politiker auch auf kommunaler Ebene hat sich Facebook zu einem wichtigen Gradmesser entwickelt. Dort können Gemeinderäte, Bürgermeister und Abgeordnete sehr schnell Stimmungen im Volk eruieren - und die eigenen Meinungen auch unters Volk bringen. Schnell, unkompliziert und oft mit erstaunlicher Reichweite und damit verbundener Resonanz. Genau damit ist eine gewisse Gefahr verbunden. Die Geschwindigkeit auf Facebook ist enorm - insbesondere bei sensiblen Themen wie der Flüchtlingspolitik. Postet oder verlinkt ein Mandatsträger einen Artikel oder seine eigene Meinung, dauert es meist nur einige Sekunden, ehe die erste Reaktion auf dem Schirm oder Display aufploppt. Es kostet Zeit, diese Flut an Likes und Kommentaren zu kontrollieren. Und Politiker müssen sich diese zwingend nehmen.

Denn es hat sich etwas verschoben im Netz. Auch auf kommunaler Ebene, wo die Vernetzung nicht nur digital ist, nehmen Häme und Hetze zu. Klarnamen sind selbst bei hasserfüllten Posts keine Seltenheit mehr. Das entlarvt zwar den Autor, sollte aber von den Besitzern der Seiten keinesfalls geduldet werden. Fremdenfeindlichen Unsinn darf man nicht ertragen oder gar dulden.

© SZ vom 23.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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