Kommentar:Die Dimension verstört

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Die Schlachthof-Debatte in Aschheim konfrontiert jeden auch mit dem eigenen Fleischkonsum. Gerade deshalb zählen jetzt Argumente, nicht Emotionen

Von Bernhard Lohr

Gerade ist der Fleischkonsum wieder mal stark angestiegen. Im Fernsehen läuft Fußball. Und wenn Müller und Schweinsteiger dem Ball nachjagen und den nächsten Titel anstreben, wirft der Fan zu Hause auf der Terrasse den Grill an. Zum gelungenen Abend bei der Fußball-EM gehört das Bier genauso dazu wie das Steak auf dem Teller. Tiere müssen ihr Leben lassen, um unseren immensen Fleischhunger zu stillen. Die Diskussion über den Schlachthof in Aschheim führt das drastisch vor Augen.

Es ist kein schönes Thema, auch weil die Beteiligten - Vegetarier und Veganer natürlich ausgenommen - mit sich selbst und ihren Essgewohnheiten konfrontiert werden. Diese Tatsache verpflichtet aber auch jeden, redlich zu argumentieren und einfach zur Kenntnis zu nehmen: 1200 Schweine und 300 Rinder müssen täglich geschlachtet werden, um den Hunger nach Würsten, Steaks und Schweinebraten in der Region und dem näheren Oberbayern zu bedienen. Jeder darf sich an die eigene Nase fassen.

Ansatzpunkte für eine sachliche Diskussion gibt es mehr als genug. Interessant ist zum Beispiel die Tatsache, dass die Freien Wähler dem Vernehmen nach das Projekt befürwortet haben, als es erstmals den Gemeinderäten vorgestellt wurde. Damals war von einem deutlich kleineren Schlachthof samt Fleischhandelszentrum die Rede. Die Dimension der jetzt vorliegenden Pläne auf einem elf Hektar großen Areal verstört zu Recht. Zumindest müsste den Bürgern gründlich erklärt werden, was dort passieren soll; und wieso das ein "regionales Projekt" sein soll. Bürgermeister Thomas Glashauser hat schon eine Informationsveranstaltung angekündigt.

Entscheidend wird sein, dass sich die Investoren schnell öffentlich vorstellen. Die Schlacht- und Fleischhandelsbetriebe aus der Region, die das Vorhaben tragen sollen, müssen sich zu dem Projekt bekennen. Im Moment wirkt das alles reichlich unausgegoren. Es ist erstaunlich, wie schlecht vorbereitet die Investoren nach einem Jahr Beratung im Gemeinderat hinter verschlossenen Türen in die öffentliche Diskussion gehen.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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