Kommentar:Die AfD sitzt am Biertisch

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Auch in Keferloh betreiben Horst Seehofer und die Seinen mit ihrem Gerede von der Obergrenze ein gefährliches Spiel

Von Lars Brunckhorst

Von den sieben Parteien, die bei der Bundestagswahl in weniger als drei Wochen als aussichtsreich gelten, haben drei den Keferloher Montag für ihren Wahlkampf genutzt: CSU, SPD und FDP. Eine der vier übrigen Parteien war, obwohl sie das traditionelle Landwirtschaftsfest mied, trotzdem präsent: die AfD. Zumindest am Sonntag, als die CSU und Horst Seehofer das Festzelt in dem kleinen Weiler bei Grasbrunn füllten, saß sie mit an den Biertischen. Mit seinem in die johlenden Reihen unter dem weiß-blauen Zeltdach geschmetterten Ruf nach einer Obergrenze für Flüchtlinge bewies der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende einmal mehr, wovor er und seine Parteifreunde am meisten Angst haben: Dass die Rechtspopulisten ihnen bei der Wahl am 24. September so viele Stimmen abnehmen, dass die CSU deutlich unter ihrem selbst gesetzten Anspruch von 50 Prozent plus x landet.

Was Seehofer und die Seinen übersehen: Mit ihrem pausenlosen Gerede über eine Obergrenze für Flüchtlinge betreiben sie das Geschäft derer, die sie vorgeben, bekämpfen zu wollen. Eine Partei, die in den vergangenen Wochen glücklicherweise in den Meinungsumfragen wieder im Sinken ist, diktiert immer noch die Themen oder zumindest vermeintlich das Thema im Wahlkampf der Union. Mit seinem Auftritt am Sonntagmittag im Keferloher Bierzelt beging Seehofer denselben Fehler wie die vier Moderatoren am Abend beim TV-Duell von Angela Merkel und Martin Schulz. Auch sie räumten der Flüchtlingspolitik überflüssig viel Sendezeit ein.

Als ob es zur Bundestagswahl keine anderen Themen gäbe: die Digitalisierung der Gesellschaft etwa, den Klimaschutz, die Energiewende, den Zustand der Infrastruktur im Land, Bildungschancen für alle und die soziale Gerechtigkeit. Dass man auch mit diesen Themen Wahlkampf machen kann, haben zwei andere Politiker in Keferloh bewiesen: SPD-Kandidatin Bela Bach und Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz. Sie sprachen am Samstag im Keferloher Bierzelt und über die Themen, die für die Zukunft des Landes wichtiger sind als eine neue Grenze für Flüchtlinge.

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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